Zum Ohridsee, dem ältesten Gewässer Europas
Kladovo bietet keine besonderen Sehenswürdigkeiten an. Deshalb genieße ich einfach meinen fahrfreien Tag und begebe mich für einen Kaffee in die Fußgängerpassage und plündere etwas den örtlichen Supermarkt. Als netter Bonus, weil der Grenzübergang zu Rumänien nur ein paar Kilometer entfernt liegt, kann ich noch etwas altes rumänisches Geld umtauschen, das ich von früheren Reisen übrighabe. Ein cooler Zufall!
Tags darauf geht es weiter. Bei gewittrigem Wetter fahre ich los. Der erste Teil meiner Route führt mich über eine Hauptstraße, teilweise entlang der ruhig dahinfließenden Donau. Dann geht es weiter über schmale, durchlöcherte Nebenstraßen und die Landschaft wird zunehmend bergiger. In der Nähe von Opština Boljevac fahre ich entlang der Gebirgskette Rtanj, die zu den Karpaten gehört.
Die meisten Siedlungen und kleinen Dörfer, durch die ich komme, wirken wie ausgestorben. Ganz anders sieht es in Sokobanja aus. Das Städtchen ist bekannt für seine Thermalbäder und hier ist viel los. Überall hat es gut besetzte Restaurants und bummelnde Menschen bei den Verkaufsständen.
Bei einer der Tankstellen fülle ich den Tank meiner Honda auf. Der Tankwart begrüßt mich freundlich und bleibt es auch, als er merkt, dass ich nur Englisch oder Deutsch spreche. Er gibt mir ein Zeichen, ob ich bar oder mit Karte bezahlen möchte. Ich bezahle im Shop mittels Karte. Beim Hinausgehen zeigt der Mann, der dem Tankwart Gesellschaft leistet, auf meine Enduro Stiefel und lacht. Ich lache zurück und zeige ihm mit Händen und Füssen, wieso ich diese für ihn lustigen Boots trage.
Etliche Kilometer später taucht eine nagelneue Tankstelle mit einem Café Shop auf. Ich halte erneut an und bestelle mir bei der ebenfalls freundlichen Frau an der Kasse einen Espresso und kaufe Wasser ein. Es scheint, dass ich heute der freundlichen serbischen Bevölkerung begegne, was mich natürlich freut.
Anschließend endet irgendwann die Teerstraße und geht in eine Naturstraße über, die aussieht, als wenn schon lange niemand durchgefahren ist. Die Schotterstraße wird immer schmaler und Äste sowie Gestrüpp hängen über dem Sträßchen. Das soll eine offizielle Straße sein? Wohl kaum.
Ich halte mich an die Richtungsvorgabe des Navis und durchquere einen Waldabschnitt, wo ich mit dem Oberkörper die Äste beiseiteschieben muss. Schließlich erreiche ich eine Lichtung, wo der Feldweg in einen Erdweg übergeht, der steil hinunter zur Teerstraße führt. Ich rutsche mehr hinunter, als dass ich fahre. Wieder auf der Teerstraße und im nächsten Ort sehe ich eine große Tafel, die meinen soeben gefahrenen Weg als verboten kennzeichnet. Ups, da hat mein Kartenmaterial wohl keinen Vermerk darüber und mir ist die Tafel in der vorherigen Ortschaft nicht aufgefallen.
Vor mir zieht ein Gewitter auf, und bald fängt es an zu tropfen. Ich biege gerade noch rechtzeitig ab und kann somit der Regentaufe entfliehen. Ein weiteres löchriges Teersträßchen bringt mich über den letzten Berg zu meiner Unterkunft, die in einem kleinen Dorf am Berghang liegt. Entsprechend sind die Dorfstraßen schmal und steil.
Die Inhaberfamilie des Guesthouse spricht gut Englisch und begrüßt mich freundlich. Ich bekomme mein Zimmer und kann die Honda im Innenhof abstellen. Bald darauf kommen noch weitere Gäste an, ein älteres Ehepaar aus Polen.
Der Gastgeber offeriert uns einen Drink und zeigt uns seinen Weinkeller, der früher eine Weinproduktionsstätte war. Heute ist es sein kleines Museum. Anschließend laufe ich zum Aussichtspunkt, den mir der Hausherr empfiehlt. Dort bekomme ich eine tolle Aussicht über die Schlucht, die gleich neben dem Fußballfeld steil abfällt. Da fliegen bestimmt einige Fußbälle hinunter, wenn gespielt wird.
Das anschließende Abendessen ist für zwei portioniert, und ich fühle mich danach wie eine gemästete Gans. Lecker war es trotzdem.
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Beim Frühstück unterhalte ich etwas länger mit dem polnischen Paar. Der Mann spricht gut Deutsch und erzählt mir, dass sie aus Danzig kommen und seit Jahren ihre Sommer auf dem Balkan verbringen. Es ist immer wieder spannend zu hören, wie andere Menschen ihre Reiseträume umsetzen.
Nach dem Verabschieden fahre ich los und durchquere die Schlucht, die ich gestern von dem Aussichtspunkt neben dem Fussballfeld gesehen habe. Die Straße windet sich durch das Tal, und ich genieße die beeindruckende Landschaft. Schließlich biege ich wie so oft auf eine Nebenstraße ab, die bald zu einem Schotterweg wird. So wie gestern wirkt auch dieses Strässchen wenig befahren, zumal es teils steil und steinig ist. Irgendwann kommt mich jedoch ein Jeep entgegen, was mich etwas beruhigt. Kommt ein Auto durch, schaffe ich es auch.
Irgendwann wechselt der Untergrund auf eine Art Erde und feinen Staub. Da bin ich froh, dass es trocken ist – bei Regen wäre diese Strecke sicher eine Herausforderung. Als die Piste steil ins Tal führt komme ich unten an einem Kriegsdenkmal vorbei, das an die gefallenen Soldaten des Ersten und Zweiten Weltkriegs erinnert. Es muss wohl ein strategisch wichtiger Ort gewesen sein, dass hier ein solches Denkmal errichtet wurde.
Kurz darauf erreiche ich wieder eine gut ausgebaute Teerstraße, die mich zur Passstraße über einen namenlosen Pass führt. Einmal mehr ändert der Belag auf durchlöcherter Teerbelad oder Schotter. Oben auf der Passhöhe fängt es dann zu regnen. Zum ersten Mal auf dieser Reise ziehe ich meine Regenjacke an. Im Tal auf der anderen Seite angekommen, lacht mir die Sonne erneut ins Gesicht und die Regenjacke verschwindet wieder im Gepäck.
Ich fahre weiter auf einer Straße, die parallel zur Autobahn verläuft, und erreiche schließlich meine Unterkunft für die Nacht. Die Familie, die das grosse Gasthaus mit Swimmingpool betreibt, spricht ebenfalls etwas Englisch. Sie erzählen mir, dass sie in den Sommermonaten viele Gäste haben, die auf dem Weg von Norden nach Griechenland bei ihnen einen Stopp einlegen. Doch die Saison ist nun vorbei, und ich bin der einzige Gast.
Als ich die Nachtvorhänge öffne, traue ich meinen Augen nicht. Draußen ist es neblig wie im Herbst. Hoffentlich bleibt das nicht so. Eine Stunde später kurz nach dem Frühstück drückt dann zum Glück die Sonne durch und bringt Licht in den Tag.
Eigentlich wollte ich mitten durch Nordmazedonien fahren, aber ein Waldbrand auf meiner Route führt zu Straßensperrungen über die Bergkette, die ich überqueren wollte. Deshalb kürze ich ab und fahre direkt zum Kozjak-See, wo die Bergwelt fantastisch sein soll, mit abenteuerlichen Bergstraßen.
Ich entscheide mich für den Grenzübergang zwischen Serbien und Nordmazedonien in den Bergen. Der ist wenig besucht, da die meisten die Grenze über die Autobahn passieren. Die Straße bis zur Grenze entpuppt sich als Panoramastraße, und endlich versperren mir keine Bäume oder Sträucher die Sicht. Von oben genieße ich einen wunderbaren Blick auf das Kloster Kraljev Konak.
Über die Grenze bin ich in zehn Minuten. Die Landschaft wird trockener, und die Wälder weichen kargen Hügeln. Ich fahre bis nach Skopje, durchquere die Vororte und erreiche schließlich die Strecke zum See. Die Landschaft ändert sich erneut, und ich schlängle mich auf einem schmalen Sträßchen durch die Hügel und Berge.
Irgendwann taucht eine große Infotafel mit Uhrzeiten auf. Mein Navi zeigt mir zudem, dass ich in zwanzig Kilometern in eine Zone komme, wo ich nicht fahren darf. Ich hoffe, dass kein Fahrverbot auf mich wartet. Was folgt, ist eine Ranger Station mit einer offenen Schranke, an der ich neben dem dort stehenden Ranger anhalte. Er spricht etwas Englisch und nickt auf meine Frage hin, ob ich weiterfahren kann. Er erklärt mir, dass ich weder anhalten noch parken darf, bis ich zur nächsten Ranger Station mit Schranke – es sei Einbahnverkehr. Da habe ich Glück gehabt, dass ich gleich durchkomme.
Auf dem einspurigen Sträßchen hinunter zum See hätte ich sogar mit der Honda Mühe, an einem Auto vorbeizukommen. Kein Wunder, dass hier Einbahnverkehr gilt. Unten beim Gate warten schon etliche Autos, die hochwollen. Meine Route führt weiter entlang des Kozjak-Sees bis zur Brücke, die mich auf die andere Seite bringt.
Ab jetzt folgt eine Schotterpiste dem See entlang und anschließend wieder den Berg hinauf. Dieser Abschnitt gehört zur TET-Route, die als nicht immer einfach zu fahren bekannt ist. Und so kommt es auch: Nach einigen Kilometern kämpfe ich mich den ersten steilen, ausgeschwemmten Weg mit vielen Steinen hinauf zur oben, dem Berg entlanglaufenden Piste.
Oben treffe ich auf einen Quadfahrer, bei dem ich anhalte. Er spricht kein Englisch, gibt mir aber ein Zeichen, dass noch andere kommen. Kurz darauf taucht ein weiterer Quadfahrer auf, gefolgt von einem Jeep. Der zweite Quadfahrer spricht gut Englisch und erklärt mir, dass diese Piste dem See entlang okay ist, der Anstieg danach aber sehr steinig und schwierig sei. Der Jeep Fahrer meint jedoch, dass es zu schaffen sei. Sie bieten mir an, gemeinsam zu fahren – zwar ein Umweg, aber weniger schwierig, und ich käme trotzdem nach Trevolo, wo ich heute hinmöchte.
Ich bedanke mich und sage, dass ich es auf meiner Route versuchen werde. Falls es zu schwierig wird, werde ich ihnen folgen. Die Piste führt einige hundert Meter oberhalb des Sees am Berg entlang, mit schönen Aussichten. Allerdings erfordern der viele Kies und die Steine meine volle Konzentration.
Am Ende führt die Piste steil zum See hinunter, bevor er auf den sechs Kilometer langen Abschnitt führt, der den Berg hinauf geht. Sowohl der Quadfahrer als auch der Jeep Fahrer hatten recht: Es ist steil und steinig, aber mit der Honda schaffe ich es. Dazwischen lege ich zwei Verschnaufpausen ein, für mich und den Honda Motor, der Schwerstarbeit leistet.
Auf dem Weg treffe ich einen lokalen Jeep Fahrer, der die Piste hinunterholpert, und zwei Wanderer, die mich erstaunt anschauen, als ich mit heulendem Motor den Berg hochfahre und grüßend an ihnen vorbeiziehe. Oben werde ich mit einer spektakulären Aussicht belohnt, die leider durch eine Müllhalde etwas getrübt wird.
Dann geht es weiter auf einer Teerstraße, die mich hinunter nach Tetovo bringt. Es wäre eine tolle Panoramastraße, wenn nicht wieder diese vielen Bäume und Sträucher die Sicht versperren würden.
In der Hotelgarage treffe ich auf einen Motorradfahrer aus Tschechien, der gerade sein Motorrad abschließt. Er grüßt nur kurz und verschwindet schnell – schade. Leider. Ziemlich müde von der anstrengenden Fahrt entspanne ich mich auf dem Bett und gönne mir später einen Teller Spaghetti im Hotelrestaurant. Danach heißt es nur noch: Gute Nacht.
Die letzte Strecke bis zum Ohridsee nehme ich entspannt und plane meine Route über die Teerstraße durch den Mavrovo Nationalpark. Bevor es in die grüne Bergwelt des Parks geht, fahre ich entlang des gleichnamigen Sees bis zur Kirche, die je nach Wasserstand entweder trocken liegt oder im Wasser steht. Da ging bei der Planung wohl etwas schief.
Die Straße entlang des Sees wäre wunderschön, wären da nicht die teuren Häuser der Reichen aus Skopje, die die Sicht versperren. Die anschliessende Fahrt durch die Fahrt durch den Nationalpark ist schön, jedoch verläuft die Strecke in einem schmalen Tal, sodass ich von der umliegenden Landschaft kaum etwas sehe. Dafür werde ich seit längerem wieder einmal Rennmaschinenfahrenden überholt. Die gut ausgebaute Teerstrasse durch den Nationalpark ist beliebt bei den mazedonischen Motorradfahrern.
Beim riesigen Kloster Sveti Jovan Bigorski lege ich einen Stopp ein, doch eine Hochzeit mit hunderten Gästen sorgt dafür, dass ich schnell weiterfahre.
Bei Debar erreiche ich den gleichnamigen See. Davor passiere ich eine Brücke über den in den See fließenden Fluss, der halb ausgetrocknet ist und grauenvoll stinkt. Vermutlich wird hier allerhand Abfall und sonstiger Mist hineingeleitet. Unweit der Brücke steht ein Luxushotel mit grossem Swimmingpool oberhalb des Flusses. Da ist wohl nix mit frischer Luft.
Die Strecke von Debar nach Ohrid bin ich vor einigen Jahren schon einmal gefahren. Kurvenreich führt die Straße zuerst dem See entlang und danach dem Black Drin Fluss. Leider sind auch hier alle Aussichtspunkte, die mit kleinen Parkplätzen ausgestattet sind, zugemüllt. Es ist nicht einladend, hier eine Pause einzulegen.
Bei Struga erreiche ich schließlich den Ohridsee, das älteste Gewässer in Europa. Ein Sträßchen entlang des Sees bringt mich nach Ohrid, wo ich für drei Nächte ein kleines Apartment gemietet habe. Es ist Zeit für eine längere Pause, und dafür eignet sich Ohrid mit seiner schmucken kleinen Altstadt ideal.
Der Ohridsee, der zu den ältesten Seen der Welt gehört, ist schätzungsweise vier Millionen Jahre alt. Seit 1979 zählt der See mitsamt seiner Umgebung zum UNESCO-Weltkulturerbe. Die Ortschaft Ohrid, die am Ufer des Sees liegt, ist ebenfalls reich an Geschichte und zählt beeindruckende 365 Kirchen – eine für jeden Tag im Jahr. Überall in der Stadt begegnet man den Zeichen vergangener Epochen.
Beim letzten Besuch in Ohrid hatte ich nicht genug Zeit, um die Ortschaft ausführlich zu erkunden. Das hole ich nun nach. Am Amphitheater, das auch heute noch genutzt wird, treffe ich einen Mann mit einem T-Shirt der Krankenkasse Atupri, die es nur in der Schweiz gibt. Wir kommen ins Gespräch, er ist aus Genf, spricht aber gut Deutsch. Wir plaudern eine Weile und verabschieden uns danach. Ich setze meinen Weg fort und gehe hinauf zur Festung, wo Überreste der alten Römerfestung zu sehen sind, die später von Königen und Fürsten überbaut wurden. Heute ist Montag, und der Eintritt ist kostenlos. Weiter geht es zur Kirche des Heiligen Johann von Kaneo, die eindrucksvoll auf einem kleinen Vorsprung thront und auf den Ohridsee hinausblickt.
Anschließend gönne ich mir einen Espresso in einem der Cafés direkt am See. Auf einem Steg gehe ich zurück in die Altstadt, stöbere noch etwas herum und kehre dann in mein Apartment zurück.
Route und Downloads
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Die GPX Datei enthält den Track und diverse Wegpunkte von Pässen, Aussichtspunkten,Sehenswürdigkeiten, Strasseninfos, , Grenzen und mehr. Alle Daten ohne Gewähr.
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