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Von Bosnien nach Serbien auf Nebenstrassen

Von Bosnien nach Serbien auf Nebenstrassen

23.08.2024 routen >> balkan

Heute brauche ich einen Tag Pause. Die Hitze der letzten fünf Fahrtage war anstrengend, und mein Körper braucht etwas Erholung.

 

Ich nutze den Tag, um zu relaxen und in Ruhe meinen Blog zu schreiben. Zwischendurch erledige ich ein paar alltägliche Dinge: Ich wasche meine Wäsche, die nach den vielen Schweisskilometern dringend eine Auffrischung braucht. Danach geht’s zum Einkaufen in den Supermarkt, um ein paar Vorräte für die nächsten Tage zu besorgen. Auf dem Rückweg gönne ich mir noch einen Kaffee im Café gegenüber meiner Unterkunft.

 

So wie gestern Abend bellt der Hund nebenan auch heute alle paar Minuten. was die Ruhe etwas stört. Doch wie durch ein Wunder ist er in der Nacht still, und so konnte ich letzte und hoffentlich auch diese Nacht gut schlafen.

 

Nach dem Frühstück entscheide ich mich, trotz der Hitze, für eine Stadtbesichtigung in Banja Luka. Es ist nicht viel los, und die Straßen wirken fast verschlafen. Mein erster Stopp ist die Kathedrale des Heiligen Bonaventura, die mich mit ihrer Architektur überrascht – sie sieht aus wie ein Sowjetbunker, massiv und kantig. Im Gegensatz dazu beeindruckt mich die orthodoxe Christ-Erlöser-Kathedrale mit ihren goldenen Kuppeln, die im Sonnenlicht glänzen. Gleich daneben steht der Palast des Präsidenten der Republik Srpska, der wirklich wie ein Palast aussieht – massiv und imposant.

 

Ich schlendere weiter durch die Gospodska Ulica, die Einkaufsstraße der Stadt. Auch hier ist wenig los, die Geschäfte wirken fast verlassen. Am Ende der Einkaufsbummelstrasse folge ich einigen Leuten in eine riesige Halle, die sich als Markt entpuppt. Kleidung und Schuhe werden hier zu Spottpreisen angeboten, doch auch hier sitzt das Verkaufspersonal handspielend oder halb verschlafen herum, weil die Kundschaft fehlt. Besonders in der Früchtehalle ist es fast leer, nur wenige Verkäufer bieten ihre Waren an.

 

Zum Abschluss des Tages gönne ich mir ein Mittag-Abendessen im Restaurant in der Festung Kastel. Von dort aus habe ich einen Blick auf den Vrbas-Fluss, der gemächlich dahinfließt. Danach mach ich mich wieder auf den Weg zurück zu meiner Unterkunft, wo nur noch eins auf dem Plan steht: liegen und entspannen.

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Mein nächstes Ziel ist Jajce, das lediglich 100 km entfernt liegt. Bekannt ist die Ortschaft für Ihre Lage und für seinen 22 Meter hohen Wasserfall mitten im Dorf. Ganz in der Nähe am Plivsko See liegen zudem alte Wassermühlen, die ich mir ebenfalls ansehen möchte.

 

Ich packe meine Enduro und verlasse Banja Luka ohne großes Verkehrsaufkommen, was die Fahrt angenehm entspannt macht. Mein erster Halt entlang der Strecke sind die Krupa Wasserfälle. Ein kleiner idyllischer Ort.

 

Die Weiterfahrt entlang des Vrbas Fluss und der Gleichnamigen Schlucht ist zwar nichts Besonderes, doch die Straße steigt irgendwann an, und ich erreiche einen Aussichtspunkt, von dem aus ich eine Schleife des Flusses überblicken kann. Nebst dem tollen Ausblick ein weiterer guter Ort, um meine Insta 360-Grad-Kamera auszutesten.

 

Weiter geht es zum Plivsko See, wo mich leider viel Müll am Ufer erwartet. Trotzdem sind die Wassermühlen schnuckelig anzusehen und laden mich zu einem Stopp ein.

 

Auf meiner Weiterfahrt entlang der Uferstrasse wird die Straße plötzlich zur Einbahnstraße. Anstatt umzukehren, entscheide ich mich spontan, eine Abkürzung über eine Schotterpiste zurück zur Hauptstraße zu nehmen – ein kleines fahrerisches Abenteuer. In Jajce angekommen, finde ich meine Unterkunft mitten im Dorf. Die Vermieterin spricht überraschend gut Deutsch und gibt mir gleich Tipps für meinen Aufenthalt.

Umgezogen mache mich auf den Weg zur Burg, die über dem Ort thront. Der Eintritt ist im Vergleich zu den sonst üblichen Preisen hier recht hoch und die Aussicht von den Festungsmauern nicht besonders spektakulär.

 

Anschließend gehe ich hinunter zum Wasserfall, wo mir viele Touristen aus arabischen Ländern auffallen, die in großen Gruppen per Bus angereist sind. Es entstehen lustige Bilder: Leicht bekleidete Besucherinnen stehen neben Frauen, die in Burkas gehüllt sind und gemeinsam bestaunen sie den Wasserfall, der mit seiner Gischt etwas Abkühlung bringt.

 

Zurück in meiner Unterkunft recherchiere ich ein wenig über die arabischen Touristen, die mir in Jajce aufgefallen sind. Seit 2018 gibt es einen Direktflug von Riad nach Sarajevo, und seitdem hat die Zahl der Touristen aus Saudi-Arabien deutlich zugenommen. Bosnien und Herzegowina ist für sie ein attraktives Reiseziel, da das Tragen der Burka hier erlaubt ist und etwa die Hälfte der Bevölkerung muslimischen Glaubens ist.

 

Daneben merke ich, dass es in meine Zimmer leider nicht sehr ruhig ist. Gegenüber befindet sich eine Bar, aus der bis Mitternacht Gesang tönt. Zudem brausen unzählige Motorräder durch einen Tunnel ein paar Hundert Meter entfernt und lassen ihre Motoren aufheulen. Ich habe das Gefühl, es ist immer derselbe Fahrer, der hier seine Runden dreht.

Meine Reise durch den Balkan plane ich als Rundreise, bei der ich Sarajewo und den südlichen Teil Bosniens auf der Rückreise besuche. Deshalb führt mich meine Route nach Serbien, wobei ich bewusst Nebenstraßen wähle, um die weniger bekannten Regionen zu erkunden.

 

Nebenstraßen bedeutet hier, wechselnder Strassenbelag und so finde ich mich bald auf unbefestigtem Terrain wieder. Dabei passiere ich einen Bauernhof, wo mir plötzlich ein großer Hirtenhund bellend nachläuft – eine typische Szene in dieser ländlichen Gegend und nicht ungefährlich, weil diese Hunde einfach riesig sind und absolut keinen Spass verstehen.

 

Ich erreiche das kleine Dorf Babanova, das sich zu meiner Überraschung als Skiort entpuppt. Weit oben auf dem Hügel stehen die Überreste einer Sprungschanze und rund um das Dorf schießen neuen Ferienhäuschen aus dem Boden. Am Dorfrand endet meine Route plötzlich, weil durch den Bauboum, die Strassenführung neu verlegt wurde. Mein gewähltes Strässchen geht deshalb in einen unbefahrenen Waldweg über. Danke der agilen und leichten Honda schaffe ich die rutschigen und steinigen 1’000 Meter bis zur neuen Strassenführung ohne Zwischenfall.

 

Die Talfahrt nach Travnik gestaltet sich dagegen neblig und von der Aussicht sehe ich kaum etwas. In Travnik halte ich an einer Tankstelle für den Benzinnachschub. Zudem habe ich Lust auf einen Kaffee. Doch leider ist das kleine Tankstellenrestaurant mit arabischen Touristen überfüllt, die einem soeben angekommenen Bus entwichen sind. Travnik ist danke seiner farbenfrohe Moschee und einer alten islamische Schule ein bekannter Touristenort. So setze ich meine Weiterfahrt eben ohne Koffeinschub fort.

 

Plötzlich taucht das Monestary Sv. Franjo Asiški vor mir auf – ein riesiges Kloster inmitten eines winzigen Dorfes. Ich frage mich, wer den Unterhalt für dieses beeindruckende Bauwerk bezahlt, da die umliegenden Häuser nicht gerade vor Luxus strotzen.

 

Etwas später lege ich eine Pause auf einem Schotterabschnitt ein, wo der Lärm von Baggern in der Nähe zu hören ist. Als ich losfahre, komme ich an einer riesigen Mine vorbei. Google erzählt mir am Abend, dass die Region um Kakanj bekannt für ihre Bergbauaktivitäten. In der kurz darauffolgenden Ortschaft Slivnice treffe ich auf alte Förderruinen, neben denen gerade neue Strukturen entstehen – ein Kontrast zwischen Vergangenheit und Zukunft.

 

Die Nebenstraßen führen mich schließlich in ein ausgedehntes Waldgebiet, in dem sich die Straßenbeschaffenheit alle paar Kilometer verändert. Nur vereinzelt stoße ich auf kleine Siedlungen und einzelne Häuser, darunter eine alte Wassermühle, die fast vergessen in der Stille des Waldes steht. Bären bekomme ich leider keine zu Gesicht, dafür huscht ein Eichhörnchen in Windeseile über die Piste.

 

In der Nähe von Ovolo beziehe ich schließlich ein Zimmer in einer Unterkunft, die mitten im Grünen liegt. Bald darauf steht ein Teller mit Essen vor mir. Mampf mampf.

Heute Morgen ist es etwas kühler, was mich nach den heißen Tagen freut. Ich setze meine Reise auf Nebenstraßen fort, die mich durch kleine Schluchten führen. Die Wege sind oft schmal und nicht breiter als ein Auto, und ich überquere die Flüsse teilweise auf Holzbrücken. Die Strecke schlängelt sich rauf und runter durch dichte Wälder, bis ich die Minisiedlung Slap erreiche, die direkt am Ufer des Flusses Drina liegt. Die Drina markiert die Grenze zu Serbien.

 

Als ich ankomme, stelle ich fest, dass ich ganz allein hier bin. Das Hotel etwas oberhalb ist geschlossen, was dem vier Häuser Ort eine noch ruhigere Atmosphäre verleiht. Direkt am Fluss betreibt einer der wenigen Einwohner ein kleines, rustikales Restaurant, in dem ich einen türkischen Kaffee und ein Glas Wasser bestelle. Danach relaxe ich ein wenig in der Stille am Fluss und genieße die Abgeschiedenheit.

 

Während ich dort sitze, kommen drei Leute mit Taschen voller Verpflegung und besteigen eines der kleinen Boote mit Sonnendach. Sie scheinen einen Tagesausflug auf dem ruhig dahinfließenden Fluss zu planen. Sie scheinen in einem der drei Häuser zu wohnen, da sie den Wirt kennen und mit ihm kurz plaudern.

 

Meine Route führt mich weiter durch die Berge, immer auf kleinen, einspurigen Pisten, die auf und ab verlaufen. Einmal wird meine Fahrt von einem Lastwagen mit Anhänger blockiert, auf dem ein Bagger transportiert wird. Wie der es bis hierhergeschafft hat, bleib ein kleines Rätsel. Nach einiger Zeit findet der Fahrer eine Stelle, wo ich mit der schlanken Honda an ihm vorbeikomme.

 

Bei einem Fotostopp wird die Ruhe plötzlich von Rufen durchbrochen und ein Mann springt aus dem Schatten eines Baumes. Er gestikuliert mit seinen Händen und zeigt auf eines der Felder. Ich glaube, er will mir etwas verkaufen. Ich antworte ihm auf Englisch, was ihn nicht davon abhält, weiter auf mich einzureden. Schließlich lachen wir beide, und ich verabschiede mich freundlich.

 

Später erreiche ich Visegrad, erneut am Fluss Drina gelegen. Hier bleibe ich die nächsten zwei Nächte, bevor es dann über die Grenze nach Serbien geht. Im alten Dorfteil überquert eine Steinbogenbrücke den Fluss, die von einem berühmten osmanischen Architekten erbaut wurde. In die Kleinstadt hineingebaut wurde Andrićgrad, eine kulturelle und historische Stätte, die von Emir Kusturica zu Ehren des Schriftstellers Ivo Andrić erbaut wurde. Die im neoklassizistischen Stil errichtete Stadt innerhalb der Stadt vereint architektonische Elemente aus verschiedenen Epochen und ist eine Hommage an Andrićs Roman “Die Brücke über die Drina”. Mir sagen dies Namen zwar nichts, aber anschauen werde ich es mir trotzdem.

Den heutigen fahrfreien Tag gehe ich wie üblich geruhsam an. So gegen vier, das Thermometer zeigt immer noch mehr als 30 Grad an, bewege ich mich langsam dem Schattennachgehend ins Zentrum. Los ist gar nichts und sowohl auf der Steinbrücke als auch im historisch errichteten Teil ist kaum jemand unterwegs. Während der Hauptsaison sieht das vermutlich anders aus. Im normalen Stadtkern wurde sogar die Hauptstrasse extra zur Fussgängerpassage abgesperrt. Nur hat es ausser mir keine anderen Besucher.

Route und Downloads

Track und POI meiner Route

Die GPX Datei enthält den Track und diverse Wegpunkte von Pässen, Aussichtspunkten,Sehenswürdigkeiten, Strasseninfos, , Grenzen und mehr. Alle Daten ohne Gewähr.

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Christian Feustle

Autor und Inhaber der Marke Motoglobe

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