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Vom Indischen Ozean zum Malawisee

Vom Indischen Ozean zum Malawisee

16.06.2025 routen >> afrika hautnah

Mein Reisebericht wird dann spät abends doch noch fertig, als endlich der Strom wieder angeht. Einfach mal so den ganzen Sonntag hindurch den Strom abstellen. Anscheinend, um Wartungen vorzunehmen. Unglaublich, wie gelassen es die Menschen hier da nehmen. Man hat sich damit abgefunden, dass man sowieso nichts ändern kann.

 

Tags darauf heißt es Abschied nehmen vom Indischen Ozean. Den sehe ich erst wieder irgendwann im August oder September, wenn ich an der Küste von Tansania bin.

Vilanculos verlasse ich auf der gleichen Löcher Piste, wie ich hereingekommen bin und biege dann bei der Nord-Süd-Hauptverkehrsachse nach rechts in Richtung Norden ab. Allzu viele Tankstellen hat es nicht auf meiner Strecke heute, weshalb ich gleich bei der ersten nach etwa einer Stunde Fahrt den Acerbis Tank fülle. Hinzu bekomme ich einen erstaunlich guten Kaffee im kleinen Shop daneben.

 

Anfangs komme ich gut voran und die Straße ist in gutem Zustand. Dann folgt die erste Baustelle und ich werde auf eine leicht sandige Umfahrungspiste gelotst, der ich bestimmt eine halbe Stunde folgen muss. Zum Glück hat es nur wenige Lastwagen unterwegs, die mich einstauben, wenn sie an mir vorbeiziehen.

 

Wieder auf der Teerstraße folgt eine Baustelle nach der anderen. Jedes Mal heißt das für ein paar Kilometer auf eine Piste ausweichen. Das drosselt mein Tempo enorm. Zum Glück habe ich damit gerechnet, dass die Strasse entweder schlecht ist oder sie saniert wird und deshalb meine heutige Strecke auf knapp 230 km beschränkt. Dies auch, weil es nur wenige Übernachtungsmöglichkeiten entlang der Route hat.

 

Kurze Pausenstopps lege ich jeweils am Straßenrand ein, wenn es eine Möglichkeit zum sicheren Halten gibt. Oder ich halte bei einem der laufend auftauchenden Baobab-Bäume an, die mir gefallen.

Bei der kleinen Ortschaft Save überquere ich etwa auf halber Strecke den gleichnamigen Fluss Save auf einer neuen Brücke. Daneben steht die alte, die weiterhin genutzt wird. Vermutlich hielt diese das Gewicht der vielen überschweren Lastwagen nicht mehr stand.

 

Bis zu meiner Unterkunft in Nova Golega, was für ein lustiger Name, ist es nicht mehr weit. Das Guesthouse, was eher ein Hotel ist, passt nicht so richtig ins Dorfbild. Es ist fast neu und hat einen riesigen Innenplatz mit Garten, was schon fast an eine Parkanlage erinnert. Viel los ist nicht und ich bekomme zügig mein Zimmer, welches ich gestern per WhatsApp angefragt habe. Dass die Unterkunft gut ist, habe ich von anderen Reisenden erfahren, und da der Preis für einmal nicht überhöht ist, bleibe ich hier.

 

Ich habe das billigste Zimmer gebucht, wo kein Frühstück inklusive ist und – wie ich später erfahre – auch das WLAN nicht, was mich aber nicht stört, da ich immer noch etliche Gigas auf meiner SIM zur Verfügung habe. Das Frühstück bezahle ich extra und mache das gleich beim Bezahlen des Zimmers. Im Zimmer angekommen, muss ich lachen. Es hat nur ein Bett im großen Raum stehen. Und sonst rein gar nichts. Keine Haken, Kleiderbügel, Stuhl etc. Dafür Platz zum Verschwenden, wo nochmals problemlos drei Betten hineinpassen würden.

 

Mich stört es nicht groß, bleibe ich doch nur eine Nacht. Dafür ist es sauber und die Dusche funktioniert einwandfrei mit warmem Wasser. Zur Anlage gehört zusätzlich ein Restaurant, wo ich eine Stunde später etwas für meinen leeren Magen bestellen kann. Kaum habe ich angefangen zu essen, höre ich den Ton einer Enduro aufbrummen. Es dauert auch nicht lange und zwei größere Enduros rollen auf den Parkplatz. Es sind zwei Brasilianer, die im Eilzugstempo Mosambik, Malawi und Tansania besuchen und jetzt auf dem Rückweg nach Maputo sind. Viel reden kann ich leider nicht mit ihnen, weil beide nur Portugiesisch sprechen. Danach ziehe ich mich in mein spartanisches Zimmer zurück und tauche bald in die Traumwelt ein.

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Beim Beladen meiner Honda spricht mich der Besitzer der Hotelanlage an und fragt, wie es mir gefallen hat und wo ich hinfahre. Da er danach fragt, sage ich ihm, dass es mir gefallen hat und ich die Anlage schön finde und es Vorteile wäre, wenn es im Zimmer mindestens ein paar Haken oder Kleiderbügel für die Kleider hätte. Er nickt und bedankt sich für den Tipp.

 

Als ich erwähne, dass ich nach Chimoio fahre, fragt er mich, welche Route ich nehme. Ich erwidere, die Hauptverkehrsachse, worauf er mir sagt, dass es eine schöne Strecke entlang der Grenze zum Zimbabwe bis nach Chimoio gebe. Interessiert frage ich ihn nach den Details dazu, die er mir ausführlich erklärt. Ich bedanke mich und entscheide mich spontan, meine Route nach seinen Inputs abzuändern. Das Fahren auf der teils löcherigen oder mit Baustellen versetzten Hauptverkehrsachse macht definitiv keinen Spass. Landschaftlich bietet die Strecke ebenfalls wenig.

 

Die neue Strecke habe ich auf dem Navigationsgerät schnell geplant und kurve alsbald los. Benzin sollte ich bis Chimoio noch genug haben, weil es vermutlich auf dieser neuen Strecke kaum Nachschub geben wird.

 

Die ersten 30 km folge ich weiterhin der Verkehrsachse nach Norden bis nach Chibamo, wo ich den Buzi River überquere. Gleich danach biege ich nach links ab auf die Schotterpiste nach Dombe. Schön, wieder einmal auf einer guten Schotterpiste unterwegs zu sein und das für die nächsten 1 ½ Stunden.

 

Dombe liegt in den Ausläufern des Chimanimani Nationalparks. Der gebirgige Park erstreckt sich über das Grenzgebiet von Mosambik und Zimbabwe. Entsprechend verläuft ab Dombe, so wie mir der Hotelbesitzer erzählt hat, eine gut ausgebaute Teerstrasse durch die Hügellandschaft entlang der Grenze bis ins 130km entferne Chimoio, wo ich heute übernachten werde.

 

Bis kurz vor der Stadt hat es kaum Verkehr oder Löcher in der Strasse. So kann ich die Berg- und Talfahrt durch die Hügel in vollen Zügen geniessen. Schön, wieder einmal kurvenreich mit Aussicht unterwegs zu sein.

 

Was fototechnisch ein wenig stört, sind die Telefon- und Stromleitungen, die durchgehend links und rechts der Strasse entlang verlaufen und auf fast jedem Foto ersichtlich sind.

 

Bis jetzt gab es in den Ortschaften nur wenige Motorradfahrende. Das ändert sich jetzt schlagartig in Chimoio. Ich bin bereits bei der ersten roten Ampel von unzähligen Motorradfahrenden eingekreist, die interessiert meine Honda mustern und links und rechts mir Fragen zurufen. Stellt die Ampel auf Grün, braust die ganze Menge auf einmal los und ich muss schauen, dass ich niemanden über den Haufen fahre, wenn ich etwas mehr Gas gebe oder nach links oder rechts abbiegen will.

 

Mein Guesthouse finde ich ohne Probleme. Die Besitzerin vermietet in ihrem Haus drei Zimmer zu angemessenen Preisen. Die Honda kann ich im grossen Garten sicher parkieren. Die Unterkunft liegt zudem in einem ruhigen Quartier. Dafür gibt es aber keine Restaurants oder Shops in der Nähe. Das war mir bei der Buchung jedoch bewusst und so habe in Vilanculos meinen Proviant etwas aufgefrischt, damit ichnicht verhungere.

Außer den paradiesischen Stränden hat Mosambik landschaftlich oder historisch nicht allzu viel zu bieten. Weiter nördlich an der Küste liegt jedoch die Ilha de Moçambique. Einst war diese kleine, vom Festland vorgelagerte Insel die Hauptstadt von Portugiesisch-Ostafrika und ein bedeutender Handelsposten, bis Maputo zur neuen Hauptstadt erklärt wurde. Heute gehört die durch eine Brücke mit dem Festland verbundene Insel zum UNESCO-Weltkulturerbe.

 

Leider befindet sich die Region nahe der Konfliktzone im Norden Mosambiks, an der Grenze zu Tansania. Dort sorgt eine islamistische Rebellengruppe immer wieder für Anschläge und Unruhen. Das führt dazu, dass nur noch wenige Touristen die Ilha de Moçambique besuchen, was sich auf die Instandhaltung des historischen Teils auswirkt. Laut verschiedenen Berichten verfällt dieser zunehmend.

 

Der Besuch der Insel hätte mich sehr interessiert. Doch er wäre mit einem Umweg von über 1.500 Kilometern über schlecht unterhaltene Strassen verbunden gewesen, da ich von dort nicht weiter nach Tansania hätte fahren können. Deshalb verzichte ich auf den Abstecher. Schade.

 

Meine heutige Etappe ist mit 380 Kilometern recht ambitioniert, weil ich nie weiß, was mich straßentechnisch erwartet. Ich suche mir vorsichtshalber eine Unterkunftsmöglichkeit auf halber Strecke heraus. Mein Ziel bleibt aber, heute Abend Tete zu erreichen. Morgen würde ich dann nach Malawi weiterfahren.

 

Ich frühstücke früh und starte den Honda-Motor bereits um 7.30 Uhr. Ohne großes Verkehrsaufkommen verlasse ich die Stadt und folge der Nationalstraße N7 in Richtung Norden.

 

Zunächst begleiten mich noch einige schöne Bergformationen entlang der Straße, die jedoch mit jedem Kilometer nach Norden seltener werden. Dafür überquere ich mehrere größere Flüsse wie den Rungwe, den Mazowe und den Mazoe. Von den Brücken aus habe ich jeweils eine schöne Aussicht auf den Flussverlauf und die umliegende Landschaft.

 

Immer wieder tauchen skurrile Baobab-Bäume auf, um die sich oft kleine Siedlungen gebildet haben. Die Behausungen sind hier noch sehr traditionell, gebaut aus Holz und Schilf. An der Straße wird überall Baumaterial für diesen Haustyp angeboten.

Auch Holzkohle ist ein Produkt, das alle paar Kilometer am Straßenrand verkauft wird – vermutlich zum Kochen.

 

An einer der wenigen Tankstellen tanke ich auf und nutze die Pause, um meiner jüngeren Tochter per WhatsApp zum Geburtstag zu gratulieren. Moderne Technik sei Dank. Dann komme ich mit drei Männern von der Tankstelle ins Gespräch. Als sie merken, dass ich etwas Spanisch spreche, ruft einer von ihnen einen Bekannten an – ein Spanier, der früher hier gelebt hat und jetzt in Brasilien wohnt. Auch das macht moderne Technik möglich. Kurz darauf halte ich bei einem der kleinen Shops am Straßenrand und kaufe mir ein gekühltes Cola Zero. Sofort bildet sich eine kleine Menschentraube, weil Leute aus den umliegenden Shops herüberkommen, um zu sehen, wer ich bin und um mir etwas zu verkaufen. Wegen der Sprachbarriere entstehen dabei laufend lustige Situationen, die alle zum Lachen bringen.

 

Ich komme gut voran und entscheide mich, bis nach Tete durchzufahren. Um 16.00 Uhr erreiche ich die Stadt. Davor stoppt mich jedoch ein Soldat an einem Checkpoint und winkt mich zur Seite. Sofort bin ich von Beamten in verschiedenen Uniformen umringt, die alle etwas anderes von mir wollen: Der mit dem weißen Hemd verlangt meinen Führerausweis, der Polizist im blauen Hemd meinen Pass, der Soldat mein Carnet de Passage und die Quittung für die Straßensteuer.

 

Alles auf einmal geht nicht. Ich steige erst einmal ab und erkläre ihnen, dass ich alles dabeihabe, aber nicht gleichzeitig zeigen kann. Das hindert sie nicht daran, mir weiterhin gleichzeitig ihre Wünsche zuzurufen. Ich bleibe ruhig und gebe dem Mann im weißen Hemd meinen Führerausweis. Der blau uniformierte Polizist verschwindet daraufhin – so bleibt mir zumindest erspart, auch noch meinen Pass zeigen zu müssen. Der Soldat aber bleibt hartnäckig und fordert Carnet und Quittung.

 

Die Sache mit der Straßensteuer ist kompliziert. Eigentlich müsste man die zehn US-Dollar beim Grenzübertritt zahlen. Im Süden ist das aber nicht der Fall – vermutlich, weil viele Südafrikaner dort für den Urlaub einreisen und man sie nicht abschrecken will. Im Norden dagegen wird die Steuer direkt an der Grenze verlangt. Die Beamten sehen, aus welcher Richtung ich kommen, vermuten sie, dass ich die Steuer im Süden nicht bezahlt habe und fordern deshalb die Quittung. Da ich keine habe, muss ich die Steuer jetzt nachzahlen. Ich bekomme dafür eine offizielle Quittung, die gleich von zwei Beamten abgestempelt wird.

 

Mein Carnet liegt tief im Gepäck, also musste ich einiges auspacken, um es zeigen zu können. Während ich jetzt alles wieder verstaue, stehen die Beamten in einer halben Traube um mich herum. Als wieder auf die Enduro steigen, verabschieden sie sich freundlich und wünsche mir eine gute Fahrt.

 

War meine Unterkunft gestern noch etwas rustikal, ist sie heute eher luxuriöser. Viel Auswahl gibt es in Tete nicht, und die Preise sind wie so oft überzogen. Dafür bekomme ich ein Upgrade auf eine Suite mit drei Zimmern, die größer ist als meine Wohnung zu Hause. Und für die Honda gibt es natürlich einen sicheren Parkplatz.

 

Das hauseigene Restaurant öffnet nur zum Frühstück. Gleich um die Ecke finde ich aber eine gute Essensmöglichkeit, wo ich gleich nach dem Einchecken hingehe. Den Abend lasse ich dann gemütlich in der Suite bei einer Tasse Kaffee ausklingen und plane dabei meine morgige Weiterfahrt nach Malawi.

Beim Frühstück steht ein Behälter mit einer dickflüssigen, milchigen Flüssigkeit. Ich denke, es sei Jogurt, und will es mir über die Cornflakes gießen. Der Mitarbeiter ruft mir jedoch rasch zu, dass ich das besser nicht tun solle. Er erklärt mir, dass es sich dabei um den Saft aus den Baobab-Früchten handelt. Dieser sei sehr energiereich und werde traditionell als Getränk und Energiespender genutzt. Ich bedanke mich für die interessante Information und schenke mir ein halbes kleines Glas zum Probieren ein. Der Geschmack ist säuerlich-süß, die Konsistenz überraschend dicht. Bereits nach dem ersten Schluck merke ich, dass man davon wirklich nicht viel trinken kann – der Magen wäre rasch überfordert.

 

Um eine Erfahrung reicher, packe ich anschließend zusammen und starte in Richtung Grenze nach Malawi. Ich bin gespannt, ob sie mich dort reinlassen. Als Schweizer benötige ich ein Visum, das ich eigentlich online hätte beantragen sollen. Es besteht aber auch die Möglichkeit, das Visum direkt bei Ankunft zu kaufen. Garantiert ist das nicht – es hängt von den Beamten und deren Laune ab. Weil der Onlineantrag fünf oder mehr Tage für die Bearbeitung benötigt und ich eine schriftliche Bestätigung einer Unterkunft hätte beilegen müssen, habe ich darauf verzichtet.

 

Gleich nach dem Start überquere ich den Sambesi, den ich später auf meiner Reise in Sambia und Simbabwe wiedersehen werde. Kurz darauf geht es über eine neue Brücke über den Revuboe-Fluss, wo am Ufer reges Treiben herrscht.

 

Bei der letzten Tankstelle vor der Grenze, die ich auf meinen Karten gefunden habe, tanke ich nochmals voll. In Malawi gibt es immer wieder Probleme mit der Benzinversorgung. Besser mit vollem Tank einreisen, als gleich auf die Suche gehen zu müssen.

 

An der Tankstelle treffe ich auf ein Paar mit einem voll bepackten Motorrad. Immer wieder erstaunlich, was alles auf diesen kleinen Maschinen Platz findet – und dass sie damit überhaupt noch fahren können.

 

Danach führt die Straße auf immer schlechterem Belag zum etwa 70 km entfernten Grenzposten. Dieser liegt mitten im Ort und ist entsprechend unübersichtlich, überall Menschen, Marktstände und Autos. Ich stelle die Honda direkt vor den Eingang zum kleinen Zollgebäude. Die beiden Polizisten bei der Schranke nebenan haben zum Glück nichts dagegen.

 

Bei der Immigration ist für die Ausreise wenig los, im Gegensatz zur Einreise. Gut, dass ich wie im Süden auch hier Glück habe und nicht warten muss. Nachdem ich das Ausreiseformular ausgefüllt habe, stempelt mich der Beamte ohne Nachfrage aus. Ich drehe mich um, gehe drei Schritte, und bin schon bei den Zollbeamten, die mir das Carnet ebenfalls ohne Fragen abstempeln. In unter zehn Minuten bin ich fertig.

 

Wieder draußen am Motorrad spricht mich ein Geldwechsler an, ob ich Dollar oder Meticais in Kwacha – die Währung von Malawi – tauschen möchte. Malawi steckt in wirtschaftlichen Schwierigkeiten, insbesondere bei Fremdwährungen. Deshalb gibt es seit längerer Zeit einen Schwarzmarkt, auf dem man teilweise bis zum Dreifachen des offiziellen Wechselkurses bekommt.

 

Ich tausche bei ihm meine übrig gebliebenen Meticais. Da es nicht mehr viel ist, spielt der Kurs keine große Rolle. Dollar oder Euro will ich erst malawischen Zoll wechseln – falls ich reingelassen werde.

 

Der Grenzposten von Malawi liegt rund zehn Kilometer weiter. Im Gegensatz zu Mosambik gibt es hier einen großen Parkplatz und ein separates Zollgebäude. Ich stelle mein Motorrad wieder bei der Schranke ab, wo bereits einige Zollbeamte stehen. Sofort stürzen sich mehrere sogenannte „Fixer“ auf mich – selbsternannte Helfer, die gegen ein Entgelt bei den Zollformalitäten helfen wollen. Ich weise sie ab und gehe zur Immigration, wo ich meinen Pass vorzeige und freundlich erkläre, dass ich gerne einreisen möchte. Die Beamtin schaut sich meinen Pass an, reicht ihn an einen Kollegen weiter, der kurz damit verschwindet und dann zurückkommt. Ich müsse ein Visum kaufen, sagt er. Ich nicke und folge ihm in einen anderen Raum, wo ich auf einer Bank Platz nehmen soll, bis der zuständige Beamte frei ist. Immerhin bin ich bis hierher durchgekommen – das ist schon mal ein gutes Zeichen.

 

Eine halbe Stunde vergeht, ohne dass etwas passiert. Dann erscheint ein Beamter und erklärt mir, dass er auf einen Kollegen warte, der den Schlüssel für den Schrank mit dem Visumsstempel habe. Ich solle mir keine Sorgen machen – ich werde das Visum ohne Probleme erhalten. Das beruhigt mich, und ich warte gerne weiter.

 

Nochmals etwa dreißig Minuten später habe ich das Visum im Pass und zahle die $ 50,00 Gebühr. Danach geht es zurück zur Immigration, wo mir ein Einreisestempel für 30 Tage eingetragen wird. Ich bin erleichtert.

 

Jetzt beginnt der nächste Teil: die Einfuhr der Honda. Einige der Fixer lassen nicht locker. Einer will mir eine Versicherung verkaufen, der nächste eine SIM-Karte, der dritte Geld tauschen. Ich sage allen, dass ich mich erst um die Papiere kümmern will. Das hindert sie nicht daran, mir weiterhin zu folgen und sich einzumischen, wenn der Beamte etwas zu mir sagt. Besonders der Versicherungs-Fixer lässt sich nicht abschütteln. Die Beamten arbeiten offensichtlich mit diesen Fixern zusammen, was es mir schwer macht, ihn loszuwerden. Der Beamte sagt mir immer wieder, der Fixer werde mir zeigen, wo ich was erledigen müsse.

 

Letztlich funktioniert alles. Ich bekomme ein gestempeltes Carnet, eine Quittung für die gezahlte Straßenbenutzungsgebühr und für eine kleine Steuer.

Als ich den Fixer dann nach dem Preis für eine 30-tägige Versicherung frage, nennt er 80.000 Kwacha – laut anderen Reisenden mehr als doppelt so viel wie üblich. Ich lache und sage ihm, dass ich zu dem Preis sicher nichts abschließe. Stattdessen nenne ich ihm den Preis, den ein Australier vor ein paar Tagen bei einem offiziellen Versicherungsbüro bezahlt hat. Überraschenderweise akzeptiert er das sofort, füllt ein Formular mit den Daten der Honda aus und schickt einen Helfer los, um die Papiere ausstellen zu lassen.

 

Bei der SIM-Karte läuft es ähnlich. Erst ein überhöhter Preis, dann plötzlich ein vernünftiges Angebot. Schließlich tausche ich auch noch Dollar und Euro zu einem guten Kurs.

 

Kurz darauf kommt der Fixer mit den Versicherungspapieren zurück. Ich bezahle ihm die vereinbarten 35.000 Kwacha. Natürlich fordert er danach noch Geld für seine Hilfe. Ich erkläre ihm jedoch ruhig, dass ich ihn mehrfach gebeten habe, mich in Ruhe zu lassen – und er mich trotzdem ständig bedrängt habe. Deshalb bekommt er nichts extra. Außerdem habe er mit der Versicherung ohnehin verdient. Er verzieht das Gesicht, verabschiedet sich aber immerhin sarkastisch freundlich. Für mich passt das so.

 

Bevor sich das Tor nach Malawi öffnet, muss ich einem letzten Beamten nochmals alle Papiere zeigen. Dann ist es geschafft – ich darf einreisen. Alles in allem hat es zweieinhalb Stunden gedauert. Schneller, als ich erwartet hatte.

 

Ein paar Kilometer später erreiche ich meine heutige Unterkunft, eine gut ausgestattete Lodge, die ich über iOverlander gefunden habe. Dank des Schwarzmarktkurses ist die Übernachtung günstig – selbst mit offiziellem Kurs wäre sie deutlich billiger als die Unterkünfte in Mosambik. Im kleinen Restaurant der Lodge bestelle ich etwas zu essen. Es dauert fast eine Stunde, bis es kommt – die Küche befindet sich nämlich nicht vor Ort, sondern irgendwo im Dorf. Gekocht wird erst, wenn bestellt wird. Für mich ist das völlig in Ordnung. Ich habe Zeit.

Auf das Frühstück muss ich nicht so lange warten, wie gestern auf das Abendessen, worüber ich froh bin. Beim Beladen der Honda schauen mir drei chinesische Touristen zu, die leider kaum ein Wort Englisch sprechen. Vielleicht sind es keine Touristen, sondern arbeiten hier. Ansonsten ist es schwer vorstellbar, wie sie mit so wenig Fremdsprachenkenntnissen unterwegs sein können.

 

Anfangs scheint, wie vom Wetterbericht angekündigt, die Sonne. Leider dauert das nicht lange, und als ich die größere Stadt Blantyre erreiche, beginnt es leicht zu regnen. Mein Ziel ist der höchste Berg Malawis, der Mulanje. Neben dem markanten Bergmassiv ist die Region auch für ihre Teeplantagen bekannt. Bevor ich dorthin fahre, möchte ich noch ein Stück weiter südlich über eine Panoramastraße in eine andere Bergregion fahren. Doch das Wetter macht mir einen dicken Strich durch die Rechnung. Nach und nach fahre ich in eine dichte Nebelsuppe hinein, aus der weiterhin leichter Regen fällt.

 

Ich entscheide mich deshalb, meinen Ausflug über die Panoramastrecke abzubrechen – denn von Panorama ist weit und breit nichts zu sehen. Wieder zurück in der Stadt stecke ich bald im Verkehrschaos fest, weil sich Hunderte von Autos und Motorrädern an einer Tankstelle drängen, die offenbar Benzin verkauft. Dasselbe erlebe ich bei drei weiteren Tankstellen, bei denen der Verkehr ebenfalls fast vollständig zum Erliegen kommt. Das besagte Benzinproblem ist als aktuell. Ich habe zum Glück noch genügend Treibstoff, um meine heutige Unterkunft zu erreichen und von dort aus weitere 100 Kilometer zu fahren. Deshalb lasse ich es fürs Erste gut sein – in diesem Chaos hätte es ohnehin keinen Sinn zu versuchen, nachzutanken.

Ich verlasse die Stadt auf dem kürzesten Weg und folge einer gut ausgebauten Straße durch die Teeanbaugebiete. Leider ist auch hier die Sicht durch die dichte Bewölkung und den Regen stark eingeschränkt. Auf halber Strecke nach Mulanje halte ich bei einem kleinen Café, das auf iOverlander empfohlen wird. Und wie dort beschrieben, bekomme ich einen richtig guten Kaffee und eine Kleinigkeit zu essen. Immer wieder erstaunlich, wie solche kleinen Oasen für uns Reisende mitten in einer fremden Kultur entstehen und überleben können.

 

Bei strömendem Regen erreiche ich eine Stunde später meine Unterkunft, die sich als riesige Lodge mit Swimmingpool und Gartenanlage entpuppt. Auch diese habe ich über iOverlander gefunden und vorab per WhatsApp nach den Zimmerpreisen gefragt. Die Preise sind für mich erschwinglich, und so nehme ich für zwei Tage ein großes und komfortables Zimmer.

 

Der Besitzer der Lodge erlaubt mir sogar, die Honda im Eingangsbereich unter das Dach zu stellen. Als ich ihn frage, ob es in der Gegend eine Möglichkeit gibt, Benzin zu kaufen, bietet er mir sofort an, welchen auf dem Schwarzmarkt zu besorgen. Der Preis ist zwar doppelt so hoch wie üblich, dafür bekomme ich 16 Liter Benzin – das reicht für 650 Kilometer – und ich kann davon ausgehen, dass es nicht gepanscht ist. Die Lodge wird ihre Gäste schließlich nicht vergraulen wollen. Zwei Stunden später steht er mit einem Kanister neben der Honda, und ich kann Tank und Benzinblase auffüllen. Besten Dank für diesen Service.

 

Danach ziehe ich mich ins Restaurant zurück, wo ich ein richtig leckeres Abendessen bekomme. Währenddessen werde ich von einer großen Gruppe Gymnasiasten unterhalten, die im Garten und am Swimmingpool eine Party feiern. Wegen des Regens vermutlich nicht so, wie sie sich das vorgestellt haben.

Der heutige Tag bringt keine Wetterbesserung und vom 3.000 Meter hohen Mulanje, der sich direkt neben der Lodge in die Höhe erhebt, ist rein gar nichts zu sehen. Zudem beginnt es gleich nach dem Frühstück wieder zu regnen.

 

Viel unternehmen kann ich deshalb nicht. Als mittags eine Regenpause eintritt, verlasse ich die Lodge und gehe zu Fuß ins drei Kilometer entfernte Dorf. Auf der Straße ist eindeutig mehr Fußverkehr als motorisierter unterwegs. Die Mehrheit der Bevölkerung auf dem Land ist auch hier zu Fuß oder mit dem Fahrrad unterwegs. Einige leisten sich ein Fahrradtaxi oder sogar ein Motorradtaxi. Von beiden werde ich auf meinem Spaziergang immer wieder angesprochen, ob ich eine Fahrt möchte.

 

Auf dem Rückweg fängt es dann wieder an zu regnen. Als ich bei der Lodge ankomme, bin ich ziemlich durchnässt. Zum Glück habe ich meine Motorradregenjacke angezogen – so sind nur meine Hosen vollgesogen. Ich ziehe mich um und verbringe den Rest des Tages mit Relaxen und der Planung meiner Weiterfahrt. Das Wetter wird in den nächsten Tagen rund um den Berg nicht besser, weshalb es keinen Sinn macht, hier länger zu bleiben.

Der Himmel ist immer noch grau und die Wolken entladen sich über der Region. Ich packe meine Sachen im Zimmer zusammen und gehe zum Frühstück. Und siehe da, der Mulanje zeigt sich für wenige Minuten hinter der grauen Wolkendecke. Habe ich doch noch einen Hauch des Berges gesehen.

 

Die ersten zwei Stunden sind vom Regen geprägt, was auch hier leider die Sicht auf die riesigen Teefelder stark beeinträchtigt. Dann lockert es allmählich auf und es hört auf zu regnen.

 

Malawi ist eines der dichtbesiedelten Länder der Welt, was sich spürbar auf der Strasse zeigt. Permanent sind links wie auch rechts Menschen auf der Strasse unterwegs. Egal, ob auf der Karte eine Ortschaft angezeigt ist oder nicht. Das macht das Fahren einiges anstrengender, weil ich konstant darauf achten muss, was am Strassenrand läuft. Hinzu kommen die Fahrradtransporteure, die teils durch ihre Ware breiter als ein Auto werden. Da muss ich manchmal aufpassen, dass ich nicht mit dünnen Holzstäben oder anderem Transportgut kollidiere, welches in meine Strassenhälfte hineinreicht.

 

Bei der Ortschaft Zomba, die ich nach einer weiteren Fahrstunde erreiche, liegt das gleichnamige Plateau, welches sich über 2’000 Meter erhebt. Hinauf führt eine Strasse, von der die Aussicht auf die Umgebung schön sein soll. Leider ist das Plateau aber wie schon der Mulanje von dichten Wolken umhüllt. Da macht eine Fahrt hinauf keinen Sinn.

 

Ich düse also weiter und als ich beim Lake Malombe ankomme, überquere ich eine unsichtbare Wetterbarriere. Wie auf einer Linie stoppen die düsteren Wolken und machen dem blauen Himmel und der Sonne Platz. Was für eine Freude. Kurz darauf gelange ich nach Mangochi, wo es eine weitere Café-Oase gibt, wo ich im Schatten eines schönen Gartens eine Pause einlege. Nebst mir sind noch etliche weisse Gäste anwesend, die alle den Anschein machen, als ob sie hier in der Umgebung wohnen würden. Sie grüssen mich alle freundlich, gehen aber nicht weiter darauf ein, was ich hier mache. Das wäre wohl anders, wenn sie selbst auf einer Reise wären.

 

Mangochi liegt am untersten Zipfel des Malawisees, eines der Highlights im südöstlichen Afrika und mein Ziel für die nächsten drei Nächte. Meine Unterkunft liegt jedoch weiter nördlich auf dem Cape MacLear. Um dieses zu erreichen, folge ich ab Mangochi zunächst der Hauptverkehrsachse, um dann etwa 30 km später auf die schmale Zufahrtsstrasse zum Cape MacLear abzubiegen.

Ganz zuoberst am Cape liegt die Ortschaft Chembe, wo sich einige Unterkünfte direkt am Malawisee befinden. Obwohl das Cape bei Touristen bekannt ist, deutet die zerlöcherte Zufahrtsstrasse eher darauf hin, dass hier kaum jemand hinfährt. Jedenfalls begegnet mir auf den 20 km auch kein Auto. Dafür einige Affen, die etwas Futter auf der Strasse gefunden haben.

 

Die Ortschaft Chembe ist noch ziemlich ursprünglich. Es gibt lediglich Sandstrassen und das Dorfleben ist auf die Erzeugnisse aus dem See ausgerichtet und auf die Touristen, die hierher finden.

 

Meine Unterkunft besteht aus einem Schilfbungalow, der direkt am See liegt. Die Aussicht von der Terrasse ist einmalig und gleich, nachdem ich mich eingerichtet habe, erlebe ich einen Sonnenuntergang der Spitzenklasse, für welches das Cape MacLear so berühmt ist. Einfach einmalig.

 

Etwas später kommen im Bungalow neben mir noch zwei jüngere Touristen aus Deutschland an. Wir kommen bald ins Gespräch und gehen nach dem spektakulären Sonnenuntergang zusammen etwas essen. Gross suchen muss man in der Ortschaft nicht, weil es lediglich zwei Restaurants gibt, die uns Touristen etwas zu essen anbieten. Es gibt zwar noch Unterkünfte mit Restaurant. Diese sind aber nur für deren Gäste geöffnet. Die lokale Bevölkerung könnte sich eine Mahlzeit in diesen Lokalen sowieso nicht leisten, was ein grundsätzliches Problem ist, wenn der Tourismus in Ortschaften Fuss fasst, wo die lokale Bevölkerung nicht vollumfänglich mitprofitieren kann.

Bei aller Schönheit des Malawisee hat der See leider auch seine negativen Seiten. An diversen Stellen kommt die Bilharziose häufig vor und dies vor allem in Ufernähe. Und wie es so ist, ist genau das Cape MacLear stark davon belastet.

 

Bilharziose entsteht durch Parasiten, die sich an Ufernähe in Wasserschnecken einnisten, bis ein Wirt wie der Mensch vorbeikommt, bei dem sie dann in seine Haut eindringen können, um ihre Larven abzulegen. Nach einigen Wochen entschlüpfen diesen Larven Würmer, die den Körper besiedeln. Die Krankheit lässt sich grundsätzlich gut behandeln. Es besteht jedoch das Risiko, dass man kurz nach dem Eindringen der Larven in den Körper Grippen ähnlich bis zu einer Woche erkrankt.

 

Etliche Reisende, die ich getroffen habe, sagen, dass ihnen das bewusst ist und sie einfach nach vier Wochen eine Wurmkur machen, mit der man die Parasiten gut loswird. Viele sind sich glaube ich aber nicht dessen bewusst, dass man vorher die Grippen ähnliche Erkrankung haben kann. Ich für meinen Teil möchte darauf verzichten, weil ich so nicht weiterreisen könnte. Deshalb verzichte ich auf ein Bad im Wasser. Und da die Übertragung bereits über Spritzwasser erfolgen kann, mache ich auch keinen Bootsausflug auf eine der Inseln oder dusche mit dem Seewasser oder putze damit die Zähne. Cape MacLear ist eben doch nicht das Paradies, wie dies in etlichen Reiseberichten beschrieben wird.

 

Ich mache dafür in den zwei Tagen, die ich hier bin, einige Spaziergänge durch das langgezogene Dorf. Dabei zeigen sich die negativen Auswirkungen des Tourismus. Fast alle Kinder betteln mich um Essen oder Geld an. Als ich dann bei verschiedenen Ständen Früchte und ein paar Biskuits kaufe, die ich in einem durchsichtigen Plastiksack mit mir herumtrage, wird es noch schlimmer. Jetzt sehen alle, was ich dabeihabe, und wollen etwas davon haben. Hinzu kommen die Verkäufer der Souvenirstände, die es natürlich auch schon im Dorf gibt, und die Tourguides, die mir eine Bootsfahrt oder Wanderung in die Hügel verkaufen wollen. Ich habe Verständnis dafür, dass alle Geld verdienen müssen. Nur ist das eben schwierig, wenn kaum Touristen im Ort sind. Und so werden für mich die Spaziergänge nach einer gewissen Zeit anstrengend, weil ich laufend irgendjemanden neben mir habe, der etwas von mir will. Da bin ich um die Terrasse meiner Unterkunft froh, weil ich da in Ruhe gelassen werde. Plus kann ich da diesen Reiseblog mit super Aussicht schreiben, was mich dann alles andere wieder vergessen lässt.

Route und Downloads

Track & POI meiner Route

Die GPX Datei enthält den Track und die POI der Strecke „Vom Indischen Ozean zum Malawisee“

Picture of Christian Feustle
Christian Feustle

Autor und Inhaber der Marke Motoglobe

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