Victoria Falls - das Naturwunder im Herzen Afrikas
19.09.2025 routen >> afrika hautnah
Die Lodge bietet einige Annehmlichkeiten und so bleibe ich zwei weitere Tage und plane dabei meine Weiterfahrt. Abgesehen von den Nationalparks bietet Sambia landschaftlich auf meiner Route nicht allzu viel, weshalb ich mich entscheide, das Land in mehreren Tagesetappen zu durchqueren, bis nach Livingstone, wo die berühmten Victoria Falls liegt. Den ursprünglich vorgesehenen Stopp beim South Luangwa Nationalpark streiche ich, weil die Preise dort einfach viel zu hoch sind.
Gut ausgeruht packe ich am dritten Tag meine Sachen zusammen und laufe zur Schwester Lodge zum Frühstück. Eigentlich sollte es ab 6.30 Uhr geöffnet sein, heute scheint das aber nicht der Fall zu sein – das Restaurant ist geschlossen. Der Guard meint, sie kommen gleich, was nach afrikanischer Zeit fünf Minuten oder auch mehrere Stunden bedeuten kann. Ich warte zehn Minuten und sage ihm dann, dass ich später wiederkomme. Anstatt zu warten, gehe ich lieber zurück zu meiner Lodge und bepacke die Enduro und mache mich fertig. Die heutige Strecke ist lang, und ich wäre froh, früh losfahren zu können. Dreiviertelstunden später fahre ich fixfertig zurück zur Lodge. Das Restaurant ist inzwischen geöffnet, und mein Frühstück bekomme ich zügig. Eine halbe Stunde geht es los.
In der Ortschaft steuere ich die grösste Tankstelle an, die jedoch verlassen aussieht. „Oh nein“, schiesst es mir durch den Kopf, „nicht schon wieder kein Benzin.“ Leider bewahrheitet sich das, die Angestellten schütteln den Kopf und rufen: „No Petrol.“ Ich frage, ob es an den anderen Tankstellen Benzin gibt oder ob sie wenigstens drei Liter hätten – mehr brauche ich nicht, um die 200 km entfernte grössere Stadt zu erreichen. Wieder schütteln sie den Kopf und zeigen auf die gegenüberliegende Strassenseite: „Buy at the black market.“
Schöner Mist. Mit dem Verlassen von Malawi dachte ich, das Benzinproblem sei vorbei. Wie ich jetzt feststelle, leider nicht. Meine Vorräte reichen ungefähr bis in die grössere Stadt, aber wenn es nicht reicht, stehe ich irgendwo draussen in der Pampa. Unterwegs gibt es nur kleine Siedlungen, die sicher kein Benzin haben – ausser geschmuggeltes vom Schwarzmarkt.
Ich fluche etwas vor mich hin und fahre zurück zur Lodge. Vielleicht bekomme ich über sie drei Liter gutes Benzin. Auf dem Parkplatz kommt mir der ältere Mann entgegen, mit dem ich in den letzten Tagen öfter gesprochen habe. Ich erkläre ihm die Situation und er meint, er könne vermutlich drei Liter auftreiben. Nach einem kurzen Telefonat nickt er. Ich gebe ihm meine Benzinblase und das Geld. Er steigt auf sein Fahrrad und radelt davon.
Eine halbe Stunde später ist er zurück mit Benzin. Der Preis dafür hat sich zwar verdreifacht, doch das ist mir egal. Wenigstens komme ich weiter. Ich bedanke mich herzlich und gebe ihm ein gutes Trinkgeld. Bevor ich das Benzin in den Tank fülle, schütte ich etwas in eine leere PET-Flasche, um zu prüfen, ob es sauber ist. Nach zehn Minuten hat sich kein Wasser am Boden abgesetzt, also leere ich die drei Liter in den Tank. Endlich kann ich losfahren, auch wenn später als gedacht.
Die Strasse nach Chipata, 200 km entfernt, ist teilweise gut, dann wieder schlecht. Dazwischen liegen längere Schotterabschnitte, die sich besser fahren lassen als die löchrige Teerstrecke. Auch Baustellen gibt es, doch die kann ich zum Glück auf guten Umfahrungspisten umkurven.
In Chipata halte ich bei der ersten Tankstelle. Leider winkt das Personal nur ab – kein Benzin. Mist. Wenn es nicht einmal hier etwas gibt, habe ich ein Problem. Ich fahre weiter, zur nächsten Tankstelle. Dort stehen Autos und Motorräder an der Zapfsäule – ein gutes Zeichen. Tatsächlich gibt es Benzin und nach längerer Wartezeit bekomme ich einen vollen Tank. Ich parke danach im Schatten des Tankstellendachs, gönne mir eine Pause und bin froh, dass ich wegen Benzinmangel nicht weiterkomme. Nach weiteren 180 km durch trockenes Buschland erreiche ich meine Unterkunft. Für wenig Geld bekomme ich ein grosses Zimmer in einem Bungalow. Das frühe Nachtessen im Hotelrestaurant schmeckt gut und so endet mein erster Fahrtag durch Sambia doch noch positiv.
Am nächsten Tag will ich nach Lusaka, die Hauptstadt, die etwas über 400 km entfernt liegt. Eine lange Distanz, zumal ich nicht weiss, wie die Strassenverhältnisse sind. Wenige hundert Meter nach dem Start entdecke ich eine Tankstelle derselben Kette wie gestern. Wieder habe ich Glück und bekomme Benzin. Damit ist meine Versorgung bis Lusaka gesichert.
Die Landschaft unterwegs bietet dasselbe wie am Vortag: hunderte Kilometer trockenes Buschland. Dazwischen kleine Siedlungen, in denen die Menschen in einfachen, traditionellen Häusern leben.
Etwa auf halber Strecke überquere ich den Luangwa-Fluss. Er fliesst durch die beiden grossen Nationalparks North und South Luangwa und sorgt dort für die grosse Tiervielfalt. Jetzt in der Trockenzeit ist er jedoch kaum mehr als ein kleiner Fluss.
Bei einem Shop lege ich eine Pause im Schatten ein. Drinnen läuft laute Musik, draussen sitzen viele Leute. Natürlich bin ich die Attraktion Nr. 1, und alle, die etwas Englisch können, begrüssen mich freundlich.
Meine Unterkunft in Lusaka liegt ausserhalb der Millionenstadt. Wie jede Grossstadt ist auch Lusaka für Verkehrschaos bekannt, aber heute ist Sonntag, und die Strassen sind relativ leer. Ich nehme die Hauptverkehrsachse mitten durch die Stadt und komme tatsächlich ohne Probleme durch – einzig zwei rote Ampeln bremsen mich.
Die Lodge liegt in einem Viertel mit grosszügigen Anwesen. Eine kurze Schotterpiste führt zum Eingang. Die Besitzer sitzen im Badeanzug am Pool – ein entspannter Ort. Ich bekomme mein Zimmer und lerne später einige Overlander kennen, darunter auch ein Paar aus der Schweiz. So habe ich für einmal viel Unterhaltung beim Nachtessen.
Obwohl ich hier locker ein paar geruhsame Tage verbringen könnte, entscheide ich mich bis nach Livingstone weiterzufahren, um dann bei den Victoria Falls einige Tage zu verbringen. Nach dem Frühstück gibt mir der Eigentümer den Tipp, nicht auf die Hauptstrasse zurückzufahren, sondern über eine Schotterpiste bis zur 40 km entfernten Ortschaft Kafue. Der Abschnitt auf der Hauptstrasse sei einer der gefährlichsten in Sambia, mit täglichen Unfällen. Ich folge seinem Rat. die letzten 10 Kilometer verlaufen durch ein Gebiet mit schwarzer Erde, die wenn trocken, steinhart ist und wenn feucht, auch für 4×4 Fahrzeuge kaum durchkommen. Abgesehen davon gibt es auf der Strecke nichts Neues, ausser dass die Temperaturen stetig steigen – mittags sind es fast 40 Grad.
Etwa auf halber Strecke nach Livingstone finde ich in der Stadt Choma ein angenehmes Zimmer in einer gut besuchten Lodge. Nach einer Dusche esse ich im Gartenrestaurant zu Abend.
Am nächsten Morgen starte ich wegen der Hitze schon um 7.30 Uhr. Kaum aus der Stadt, stoppt mich ein Militär-Checkpoint. Sie wollen meinen Pass sehen, dann werde ich freundlich verabschiedet.
Es ist wieder einer dieser Oasenplätze an einem Ort, wo ich so etwas nicht erwarten würde. Der Cappuccino schmeckt im schattigen Garten der schönen Anlage einfach super.
Zwei Stunden später erreiche ich Livingstone. Ich merke sofort, dass dieser Ort durch den Tourismus geprägt ist. Das kleine Zentrum wirkt aufgeräumt und sauber. Es gibt viele Geschäfte und sogar zwei Supermärkte. Und ein grosses Hostel, dass auf Google tausende von guten Bewertungen hat. Hier quartiere ich mich für die nächsten vier Nächte ein.
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Beim gestrigen Nachtessen im Hostel lerne ich Raoan aus Brasilien kennen. Seit über 15 Jahren organisiert er sein Leben so, dass er jedes Jahr für einige Monate reisen kann. Dabei hilft ihm seine zweite Staatsbürgerschaft von Italien sehr. Dadurch konnte er einige Jahre in Europa arbeiten und sich mit dem ersparten Geld eine Bar und zwei Ferienhäuser in Brasilien aufbauen. Ist er unterwegs, werden diese von seiner Familie und Freunden geführt.
Wie ich möchte er heute die Victoria Falls auf der sambischen Seite besuchen. Wir verabreden uns, dies gemeinsam zu unternehmen. Der tägliche, kostenlose Shuttlebus des Hostels fährt um 10.00 Uhr los. Außer uns kommt noch ein Paar mit, das in London wohnt. Sie ist Australierin und er kommt aus den USA.
Der Eingang zum Victoria-Falls-Nationalpark liegt 15 km entfernt, direkt an der Grenze zu Simbabwe. Mit der weltweit größten Breite von 1,7 Kilometern verläuft der Victoria-Wasserfall durch beide Länder. Die Strecke dorthin führt durch den tierreichen Mosi-oa-Tunya-Nationalpark. Und tatsächlich fahren wir an einigen Elefanten vorbei, die quasi am Straßenrand auf Futtersuche sind. Für die Transport-Fahrradfahrer, die Waren von und zur Grenze bringen, ist das nicht ungefährlich. Anscheinend kommt es immer wieder zu Zwischenfällen mit Elefanten. Uns betrifft das nicht, da wir im Auto sitzen und lediglich langsam fahren, um sie zu beobachten – anhalten tun wir nicht.
Am Eintrittsgate angekommen, bezahlen wir die 20 Dollar Eintritt und machen uns gleich auf den Weg zum ersten Aussichtspunkt. Wir merken jedoch schnell, dass der von uns gewählte Punkt über hunderte Treppen hinunter zum Sambesi-Fluss führt. Bei der Hitze wird das ein strenger Rückweg.
Unten angekommen, haben wir einen schönen Blick auf die Victoria-Falls-Grenzbrücke nach Simbabwe. Während wir den Ausblick genießen, springt gerade eine Person beim Bungee-Jumping von der Brücke. Das sieht schon von hier aus haarsträubend aus. Zugleich seilt sich ein Helfer an einem zweiten Seil von der Brücke ab, um die springende Person, die kopfüber hängt, wieder nach oben zu bringen.
Der Weg nach oben ist zum Glück nicht so schweißtreibend wie befürchtet und wir stehen bald an der Kante gegenüber dem Wasserfall. Bedingt durch die Trockenzeit fließt lediglich an einigen Stellen Wasser über die 1,7 Kilometer breite Kante. Dafür gibt es keine Gischt, die uns die Sicht versperrt oder die Kamera nass macht.
Wir folgen dem Weg, der uns von einem Aussichtspunkt zum nächsten führt. Beim letzten Erkennen wir gut, dass auf der Seite von Simbabwe deutlich mehr Wasser über die Kante fließt. Wir beschließen deshalb, morgen auch diesen Bereich zu besuchen. Heute geht das leider nicht, weil wir beide unsere Pässe nicht dabeihaben – für den Grenzübertritt wären sie nötig. Eine Stunde später sind wir zurück am Parkeingang und entscheiden uns, die zwei Kilometer bis zum Fünf-Sterne-Hotel The Royal Livingstone Victoria Falls zu spazieren. Bei meinen Recherchen habe ich gelesen, dass auch Nicht-Hotelgäste auf der Aussichtsterrasse willkommen sind und der Weg dorthin durch eine riesige Parkanlage mit Wildtieren führt.
Um in die Anlage zu kommen, müssen wir ein Eingangstor passieren, wo uns ein Guard fragt, ob wir im Hotel wohnen. Wir verneinen und sagen, dass wir im Restaurant etwas trinken möchten. Er heißt uns willkommen und bittet uns, ihm auf dem Rückweg eine Flasche Wasser mitzubringen, weil er fast am Verdursten sei. Wir nicken und machen uns auf den Weg.
Am kleinen See angekommen, steht eine Infotafel, die vor Krokodilen warnt. Wow – ein Hotel mit See, in dem Krokodile herumschwimmen, habe ich auch noch nie gesehen. Und als Raoan später meint, wo denn nun die wilden Tiere seien, raschelt es neben uns – und wir stehen unvermittelt einige Meter neben einer Giraffe, die genüsslich Blätter frisst. Gleichzeitig kommen uns zwei Hotelmitarbeiter entgegen. Sie erklären uns, dass die Giraffe Covid heißt, weil sie während der Pandemie geboren wurde, und dass wir problemlos bis auf drei Meter an sie herangehen können. Das machen wir dann auch, und die Mitarbeiter schießen Fotos von uns.
Kurz darauf erreichen wir die Aussichtsterrasse des Hotels. Wir sind die einzigen Gäste und können uns frei einen Platz aussuchen. Wir bestellen zwei kalte Getränke, setzen uns an einen schattigen Tisch und genießen die Sicht auf den Sambesi-Fluss. Würde ich nicht wissen, dass nur ein paar hundert Meter weiter der Victoria-Wasserfall liegt, käme ich nicht darauf. Nur an einer Stelle steigt Gischt auf – ohne das Wissen könnte man das auch für Rauch halten.
Auf dem Rückweg marschieren zwei Zebras durch die Parkanlage und grasen friedlich. Unglaublich. Affen gibt es zum Glück keine – die werden hier wohl von den Angestellten vertrieben, da sie längst daran gewöhnt sind, Menschen Essen zu stehlen. Schon bei der Fahrt mit dem Shuttle hat uns der Fahrer vor Affen ausdrücklich gewarnt. Bevor wir losgehen, kaufen wir dem Guard wie versprochen eine Wasserflasche und überreichen sie ihm beim Rausgehen. Er lacht glücklich und bedankt sich herzlich.
Für den Rückweg ins Hostel nehmen wir ein Gemeinschaftstaxi. Davon stehen einige an der Straße, weil viele Menschen die Grenze zu Fuß überqueren und entweder bis hierher oder von hier nach Livingstone fahren. Ist das Taxi mit sieben Personen voll, kostet die Fahrt nur einen Dollar. Lange warten müssen wir nicht, und es geht los.
Wieder zurück im Hostel brauche ich zuerst eine kalte Dusche. Bei knapp 40 Grad drei Stunden zu Fuß unterwegs zu sein, ist ganz schön schweißtreibend. Den Rest des Tages verbringe ich mit Relaxen, einem Besuch im Supermarkt und einem Restaurant in der Nähe, wo ich eine richtig gute Pizza bekomme.
Um 10 Uhr stehen wir wieder bereit für den Shuttlebus zum Victoria-Falls-Nationalpark auf der sambischen Seite. Die Grenze befindet sich nur wenige hundert Meter weiter die Straße entlang. Ich gehe davon aus, dass es hier – wie in anderen Grenzregionen mit bekannten Sehenswürdigkeiten – eine Sonderlösung für kurze Grenzübertritte gibt. Meistens bekommt man dabei einen Zettel, der von beiden Zollämtern abgestempelt wird und am Schluss wieder abgegeben wird. Das ist hier leider nicht der Fall: Die Beamtin bei der Immigration stempelt mich offiziell aus Sambia aus. Wenn die Simbabwe-Seite das genauso handhabt, werde ich vermutlich nicht durchkommen, weil wir Schweizer für Simbabwe ein Visum brauchen, das eigentlich vorher online beantragt werden muss.
Wir gehen über die Grenzbrücke und erreichen nach einer halben Stunde den Grenzposten von Simbabwe. Als ich dem Immigrationsbeamten meinen Pass gebe und ihm erkläre, dass ich nur den Wasserfall besuchen möchte – der Eingang liegt direkt nach der Grenze – meint er, dass ich trotzdem offiziell ins Land einreisen müsse. Das bedeutet, ich brauche ein Visum, das ich vorher online erfassen müsste. Schöner Mist, das war’s dann wohl mit meinem Ausflug. Raoan ist da besser ausgestattet. Er war schon vor zwei Wochen in Simbabwe und hat damals ein Multiple-Entry-Visum beantragt und bekommen. So kann er problemlos einreisen. Wir verabschieden uns und ich mache mich auf den schweißtreibenden Rückweg. Die Temperaturen liegen nämlich schon wieder bei 40 Grad oder mehr.
Auf der Brücke nehme ich diesmal den Weg beim Bungee-Jumping-Plateau vorbei. Gerade macht sich eine Frau fertig für den Sprung. Man sieht ihr die Nervosität schon von weitem an, sie läuft nervös hin und her. Kein Wunder – ein Kopfsprung von dieser Brücke ist nichts für schwache Nerven. Wieder an der Grenze zu Sambia fragt mich eine andere Immigrationsbeamtin, wieso ich schon wieder einreisen wolle. Ich erkläre ihr, dass ich lediglich auf die andere Seite wollte, um die Wasserfälle anzusehen und jetzt wieder zurück nach Livingstone möchte. Sie schüttelt den Kopf und meint, das gehe nicht. Ich frage nach dem Grund, schließlich brauche ich für die Einreise ja kein Visum und habe die erlaubten 30 Tage im Land auch noch nicht überschritten. Sie schüttelt erneut den Kopf und diskutiert mit einer Kollegin in ihrer Sprache. Schließlich streicht sie einfach meinen Ausreisestempel von heute Morgen durch und gibt mir den Pass mit schlecht gelauntem Gesicht zurück. Irgendwie scheinen sie nicht daran gewöhnt zu sein, dass Touristen nur für ein paar Stunden nach Simbabwe zu den Wasserfällen gehen und dann wieder zurückkommen. Das erscheint mir bei den vielen Besuchern hier aber sehr unwahrscheinlich. Wie auch immer – ich bin froh, wieder einreisen zu können.
Am Sammeltaxistand empfängt mich ein sympathischer Fahrer, zeigt mir einen Sitzplatz im Schatten und meint, es sollte nicht allzu lange dauern, bis genügend Passagiere da sind. Nach einer halben Stunde geht es mit einem vollen Auto zurück nach Livingstone.
Wieder im Hostel lege ich mich in den Schatten und esse später eine Kleinigkeit. Als Raoan zurückkommt, erzählt er mir, dass sich der Besuch auf der Simbabweseite wirklich lohnt. Ich beschließe deshalb, morgen offiziell nach Simbabwe einzureisen und zwei Nächte in Victoria Falls zu übernachten, damit ich die Fälle von der Simbabwe Seite doch noch sehen kann.
In Victoria Falls habe ich mir in einem ähnlichen Hostel wie in Livingstone für zwei Nächte ein Zimmer reserviert. Von hier über die Grenze sind es lediglich 20 Kilometer. Um die Zeit zwischen dem Auschecken in Livingstone und dem Einchecken auf der anderen Seite zu überbrücken, entscheide ich mich, einige Kilometer in den Zambesi Nationalpark zu fahren. Von Victoria Falls führt eine Strasse zur Grenze nach Botswana, mitten durch den Nationalpark, und ich darf sie mit dem Motorrad befahren.
In der Hoffnung, unterwegs einige Tiere zu sehen, starte ich früh. Kaum habe ich Livingstone verlassen, stehen schon zwei Elefanten am Strassenrand. Ich hätte sie fast übersehen, weil sie ganz selbstverständlich bei einem Baum stehen und fressen. Danach ist mit Tiersichtungen allerdings Schluss, da heute Morgen ein Lauf mit mehreren Hundert Teilnehmenden stattfindet und überall Polizisten am Strassenrand stehen. Das verschreckt die Tiere.
Die Ausreise aus Sambia verläuft problemlos. Bei der Immigration sitzt wieder dieselbe Beamtin, die gestern meinen Ausreisestempel missmutig durchgestrichen hat. Heute hat sie bessere Laune und fragt, ob ich am Nachmittag wieder zurückkomme. Ich verneine, sie lacht und stempelt meinen Pass. Auch das Carnet wird am Zollschalter in wenigen Minuten ausgestempelt. Danach rolle ich über die Grenzbrücke und erreiche kurz darauf den Grenzposten von Zimbabwe. Dieses Mal bin ich vorbereitet und zeige der Beamtin den QR-Code, den ich gestern Abend nach dem Online-Visagesuch erhalten habe. Sie nickt, tippt kurz etwas in ihren Computer, druckt das Visum aus und klebt den Zettel mit Stempel in meinen Pass. Fertig – so schnell kann es gehen.
Beim Zoll läuft es ebenfalls zügig. Gestern konnte ich online auch die Daten der Honda erfassen und bekam einen Code per Mail. Den zeige ich nun vor und erhalte wenige Minuten später das T.I.P. sowie das abgestempelte Carnet. Danach werden Versicherung und Road Tax berechnet, zusammen 41 USD, die ich direkt am Nachbarschalter mit Kreditkarte bezahle. Dann bekomme ich alle Papiere zurück – alles erledigt in weniger als 15 Minuten. Gestern habe ich mich noch über die Unflexibilität geärgert, heute muss ich sagen: Das war einer der einfachsten Grenzübertritte bisher – trotz Visum und T.I.P. neben dem Carnet.
Die Ortschaft Victoria Falls liegt nur anderthalb Kilometer entfernt. Schon bei der Einfahrt wird klar, dass es hier noch touristischer ist als in Livingstone. Überall fahren Touristenbusse herum und auffallend viele internationale Besucher sind unterwegs.
Ich fahre gleich weiter in den Zambesi Nationalpark, der direkt am Ortsausgang in Richtung Botswana beginnt. Die ersten Kilometer der gut erhaltenen Teerstrasse verlaufen durch dichtes, trockenes Buschland. Darin Tier zu entdecken ist unmöglich, ausser sie kommen auf die Strasse raus. Ich denke schon ans Umkehren, als die Strasse in eine grosse Senke hinunterführt. Unten, in einem ausgetrockneten Flussbett, stehen zwei Giraffen und einige Antilopen. Ich halte in gebührendem Abstand und geniesse den Moment. Nur wenige Fahrzeuge sind hier unterwegs, fast ausschliesslich kleine Touristenbusse. Zwei davon halten ebenfalls in grosser Distanz, sodass die Tiere gelassen stehenbleiben und nur neugierig herüberschauen.
Als ich die Senke verlasse, entdecke ich etwas entfernt eine grössere Elefantenherde. Ich halte erneut an und warte eine Weile, doch sie bewegen sich nicht in meine Richtung. Also fahre ich weiter, bis die Strasse wieder zwischen dichtem Busch verläuft. Dort drehe ich um. Wieder unten in der Senke zeigt sich dann tatsächlich noch ein einzelner Elefant im Gebüsch.
Zurück in Victoria Falls halte ich beim Shop des grössten Telekomanbieters und kaufe eine SIM-Karte mit Datenpaket. Danach setze ich mich ins Café gegenüber und bestelle einen Cappuccino. Ein Vorteil der vielen Touristen ist, dass es hier zahlreiche gute Cafés gibt. Gegen 13 Uhr fahre ich ins Hostel, kann einchecken und verbringe den Rest des Tages entspannt im Schatten. Später gehe ich noch etwas essen.
Wegen der Hitze ab etwa 11 Uhr stehe ich erneut früh auf und mache mich auf den Weg zum zwei Kilometer entfernten Eingang der Falls. Dort hat es noch kaum Besucher und ich bekomme mein Ticket ohne Anstehen. Im Restaurant gleich nebenan gönne ich mir dann zuerst ein kleines Frühstück.
Ich beginne meinen Rundgang beim entferntesten Aussichtspunkt auf die Grenzbrücke. Anfangs bin ich noch allein unterwegs. Das ändert sich jedoch, sobald ich die ersten Aussichtspunkte auf die Wasserfallkante erreiche. Schubweise tauchen Gruppen auf und füllen die Plattformen. Zum Glück habe ich Zeit und kann warten, wenn der Andrang zu gross wird. Sprachlich ist die ganze Welt vertreten, wobei ich Schweizerdeutsch auffallend oft höre. Mit den einen oder anderen beginne ich etwas zu plaudern. Zu viel reicht es nie, weil sie alle einem Programm unterworfen sind, welches sie in Bewegung hält.
Auf der Simbabwe Seite stürzt der Sambesi mit deutlich mehr Wasser über die Kante als auf der sambischen Seite. Entsprechend stärker ist die Gischt, die mich teilweise komplett einnebelt. Bei über 30 Grad ist das eine willkommene Abkühlung – einzig Kamera und Handy mögen die ständigen Duschen weniger. Wie es wohl gegen Ende der Regenzeit ist, wenn das meiste Wasser fliesst? Vermutlich steht man dann dauerhaft in einer riesigen Gischt Wolke und sieht fast nichts. Von daher ist die Trockenzeit keine schlechte Alternative. Es fliesst zwar nicht überall Wasser, dafür habe ich eine gute Sicht.
Beim letzten Aussichtspunkt wäre es theoretisch möglich, die gesamte Länge der 1,7 Kilometer langen Wasserfallkante zu sehen. Doch die dichte Gischt im mittleren Teil macht das unmöglich. Von der sambischen Seite aus war dieser Abschnitt besser einsehbar – von daher lohnt es sich, beide Seiten zu besuchen.
Gegen Mittag verlasse ich die Victoria Falls beeindruckt. Der Wasserfall ist gigantisch und einmalig in seiner Breite. Unglaublich, was die Natur hier geschaffen hat.
Auf dem Rückweg zum Hostel gönne ich mir noch einen Cappuccino in der Ortschaft. Nebenbei schreibe ich mit Oliver von den Slow Riders. Er und seine Partnerin Corinne haben sich nach einer fünfjährigen Afrikareise mit einem Motorradgespann am Zambesi Fluss eine Lodge aufgebaut. Ab 2026 wollen sie Touren für Kleingruppen anbieten. Oliver ist zurzeit auf der Lodge und morgen werde ich zu ihm rausfahren. Darauf bin ich gespannt.
Route und Downloads
Track & POI meiner Route
Die GPX Datei enthält den Track und die POI der Strecke „Victoria Falls – das Naturwunder im Herzen Afrikas“
Autor und Inhaber der Marke Motoglobe