
Sarajevo
Der Pausentag war mehr als nötig, denn es regnet in Strömen. Schon in der Nacht hörte ich den Regen prasseln, begleitet von Blitz und Donner, die die Dunkelheit immer wieder durchbrachen. Meine Unterkunft liegt etwas abseits der Straße und des Dorfzentrums, und bei diesem Wetter beschließe ich, nichts zu unternehmen, außer meine Zeit mit Blogschreiben zu verbringen.
Eine weitere regnerische Nacht folgt. Am Morgen drückt die Sonne kurz durch, doch beim Frühstück wird sie sofort wieder von dunklen Wolken und Regen verdrängt. Ich lasse mir Zeit und fahre erst gegen 10:00 Uhr los. Laut Wettervorhersage soll die Gewitterfront gegen Mittag vorbei sein. Aber die erste halbe Stunde meiner Fahrt werde ich vom Himmel geduscht, bis kurz vor der Grenze zu Montenegro die Wolken endlich aufbrechen.
Am Grenzübergang geht es schnell, ich komme zügig durch. Auf der Gegenseite sieht es jedoch anders aus – ein zwei Kilometer langer Stau erstreckt sich vor den wartenden Autos. Ich bin froh, dass ich auf zwei Rädern unterwegs bin.
Meine Route führt mich entlang des Shkodar-Sees. Diese Strecke verläuft zwischen dem See und dem Meer und schlängelt sich durch eine malerische Berglandschaft. Ich hoffe auf viele schöne Ausblicke, und die Erwartungen sind hoch. Kurz nach der Grenze biege ich auf ein kleines Sträßchen ab, das mich steil hinauf zur Hauptstraße bringt. Außer mir sind hier nur ein paar Kühe unterwegs. Oben angekommen bietet sich mir der erste großartige Ausblick auf die Küste. Die Hauptstraße, kaum breiter als das kleine Sträßchen, führt mich weiter in die Höhe bis zum Bergkamm, wo ich in einer Kehre auf die andere Seite des Passes gelange.
Der erste Aussichtspunkt lässt nicht lange auf sich warten, und ich werde mit einem atemberaubenden Blick auf den Shkodar-See belohnt. Tiefliegende Wolken, die über den See ziehen und teils Regen mitbringen, verleihen der Szenerie einen mystischen Charakter. Hier treffe ich auf zwei deutsche Motorradfahrer, die ich bereits in meiner Unterkunft kurz kennengelernt habe. Wir tauschen uns aus und genießen gemeinsam das eindrucksvolle Wolkenschauspiel über dem See.
Da wir denselben Weg vor uns haben – etwa 80 Kilometer entlang des Shkodar-Sees – begegnen wir uns an mehreren Aussichtspunkten immer wieder. An einem dieser Punkte kommen uns zwei Motorradfahrer von der anderen Seite entgegen und berichten von einem Felssturz weiter vorne. Sie meinen, dass wir mit den Motorrädern dennoch durchkommen sollten. Neugierig und gespannt setzen wir unseren Weg fort.
Etliche Kilometer später sehen wir den Felsbrocken am Rand der Straße. Er scheint für grössere Autos eine Herausforderung zu sein, doch für uns Motorradfahrer ist der Weg problemlos passierbar. In der kleinen Ortschaft Virpazar, die direkt am Seeufer liegt, ist richtig viel los. Die enge Dorfstraße ist voll mit Menschen, und an den Seiten stehen unzählige Anbieter von Bootstouren mit ihren kleinen Ständen. Ich fahre durch den Trubel hindurch und kurz darauf wieder in die Höhe. Die Landschaft um den See verändert sich: Der Verlauf des Sees wird enger und ähnelt nun einem Fluss, der sich in eleganten Schleifen durch die grünen Hügel windet.
Am bekannten Pavlova-Strana-Aussichtspunkt nehme ich eine schmale, kurvige Teerstraße, die sich in mehreren Kehren den Berg hinaufzieht. Leider versuchen auch Autos, hier zu fahren – und sogar ein großer 4×4-Camper kommt mir entgegen. In den engen Kurven führt das fast zu einer Blockade, doch ich habe Glück und kann mich mit meiner schmalen Honda seitlich vorbeiquetschen.
Anschließend bringt mich die gut ausgebaute Hauptstraße nach Cetinje, wo ich für die Nacht bleibe. Von hier aus gibt es eine Rundtour durch den Nationalpark Lovćen auf die andere Seite der Berge, von wo aus man einen fantastischen Ausblick auf die Küste und der Bucht von Kotor hat. Da morgen schon wieder schlechtes Wetter angesagt ist, entscheide ich mich, die Schleife noch heute zu fahren, da es im Moment gut aussieht.
Die Route durch den Nationalpark führt mich auf über 1.300 Meter Höhe, wo kühle Temperaturen und dichter Nebel auf mich warten. Doch schon bald lichtet sich der Nebel auf der anderen Seite des Passes, und ich genieße einen sagenhaften Blick auf die Küste und der Bucht von Kotor. Es ist einer der schönsten Aussichtspunkte an der Adriaküste – ein Anblick, den ich bereits bei meinem ersten Besuch im Jahr 2018 unvergesslich fand.
Der Tourismus hat auch hier stark zugenommen. Entlang der Panoramastraße gibt es jetzt zwei Restaurants, und obwohl ein Fahrverbot für Busse besteht, begegne ich zwei dieser riesigen Fahrzeuge auf dem schmalen Weg. Wie sie es geschafft haben, über die Serpentinen von Kotor hochzufahren, bleibt mir ein Rätsel.
Zurück in Cetinje finde ich meine Unterkunft ohne Probleme, doch vor dem Haus herrscht Baustellenbetrieb, und es gibt keine Parkmöglichkeiten. Ich halte kurz an und überlege, wo ich die Honda abstellen soll, als plötzlich ein Fenster aufgeht. Die Inhaberin des Gästehauses fragt, ob ich reserviert habe. Als ich nicke, kommt sie herunter und bittet mich, ihr zu folgen. Durch einen schmalen Durchgang zwischen den Häusern führt sie mich hinter das Gebäude, wo ich die Honda in einer Garage abstellen kann – perfekt!
Nachdem das Motorrad gut versorgt ist, ziehe ich mich um und folge dem Essenstipp der Vermieterin. Das empfohlene Restaurant bietet ein leckeres und preiswertes Abendessen, der ideale Abschluss eines langen Tages.
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Das Wetter bleibt unberechenbar. Die Vorhersagen wechseln gefühlt im Stundentakt. Also entscheide ich mich, einen Tag länger in Cetinje zu bleiben. Am nächsten Morgen packe ich dann meine Sachen und steuere Sarajevo an. Die Küstenstraße bis nach Rijeka bin ich bereits gefahren, und starker Wind ist angesagt, was zu Straßensperrungen für Motorräder und Camper führen könnte.
Den freien Tag nutze ich zum Lesen und Spazieren durch die Stadt, die besonders für ihr Kloster bekannt ist. So bekannt, dass ich vor dem Eingang gleich zwei größere amerikanische Reisegruppen treffe.
Für die Fahrt nach Sarajevo wähle ich eine Route ohne Schotterpisten. Der Regen der letzten Tage hat die Wege aufgeweicht und auf Schlammpisten habe ich im Moment keine Lust.
Bis nach Nikšić fahre ich auf einer neu geteerten Straße, die irgendwann in ein altes, schmales Sträßchen übergeht. Dieses führt mich zum Slansko-See, den ich auf einem Damm mit toller Aussicht überquere.
Ab Nikšić fahre ich dann auf derselben Strecke wie vor ein paar Tagen, als ich vom Durmitor-Nationalpark zurück nach Albanien gekommen bin. In die entgegengesetzte Richtung sieht jedoch alles anders aus.
Am Piva-See angekommen, folge ich dessen Verlauf bis zur Staumauer und durch die anschliessende Piva-Schlucht bis zur Grenze nach Bosnien und Herzegowina. Der Grenzübergang ist klein, und viel los ist hier nicht. Auf einer alten Holzbrücke überquere ich den Grenzfluss Tapa, der hier in den Piva mündet und zusammen den Drina-Fluss bildet. Flüsse, die mich die letzten Wochen begleitet haben. Die Einreise nach Bosnien ist unkompliziert – eine Minute, und ich bin durch.
Dunkle Wolken ziehen wieder auf, aber zum Glück bleibt der Regen aus. Ich folge dem Drina-Fluss, komme an zahlreichen Rafting-Camps vorbei – hier scheint das ein beliebter Sport zu sein.
Nach einer Weile überquere ich den Drina und folge dann dem Bistrica-Fluss, der sich durch teils enge Schluchten schlängelt. Die Fahrt bleibt dadurch abwechslungsreich.
Es geht weiter hinauf in die Berge, und es wird spürbar kälter. Ich ziehe eine zusätzliche Schicht an, während ich mich Sarajevo nähere. Die Stadt ist bekannt für ihre umliegenden Skigebiete, und tatsächlich sehe ich auf einem der Berge bereits Schnee, obwohl dieser kaum 2.000 Meter hoch ist.
Bevor ich in die Stadt fahre, mache ich einen Abstecher zu einer der alten Olympia-Stätten. 1984 fanden hier die Olympischen Winterspiele statt, doch der Krieg in den 90er-Jahren hat alles zerstört. Heute sind diese Anlagen nur noch verfallene Relikte.
Ich steuere das bekannte Hotel Igman an, dessen Ruinen als der bekannteste Lost Place gelten. Die Straße ist durchlöchert, und oben angekommen sehe ich, dass der Vorplatz von VW-Bussen besetzt ist und überall schwer bewaffnete Soldaten und Polizisten herumlaufen. Was ist denn hier los?
Ich halte in sicherem Abstand an und warte. Es stellt sich heraus, dass hier wohl gerade eine Übung zu Ende gegangen ist, und die Truppen packen zusammen. Glück für mich, so kann ich in Ruhe auf den grossen Vorplatz des Hotels fahren, sobald sie weg sind. Mit mir fährt von der anderen Seite her ein kleiner Jeep ebenfalls auf den Platz. Die haben wohl hinter einer der Ruinen auf die Abfahrt der Soldaten gewartet.
Es ist ein österreichisches Paar und der Mann versucht gleich, seinen Jeep die Treppen zum Hotel hinaufzufahren, bleibt aber bereits beim ersten Absatz hängen. Er steigt aus und erklärt mir, dass der berühmte YouTuber sowieso mit seiner GS (BMW-Motorrad) die Treppen hinaufgefahren sei und dadurch coole Fotos und Videos machen konnte und er das auch möchte. Dazu kann ich nur den Kopf schütteln und gehe, zu Fuss wohlgemerkt meinen Weg durch die verfallenen Räume.
Nachdem ich genug gesehen habe, gönne ich mir eine kurze Snackpause auf dem Platz vor dem Hotel. Das österreichische Paar ist bereits weg und so bin ich ganz allein
Sarajevo liegt langgezogen in einem schalen Tal. Meine Unterkunft liegt auf einem Hügel oberhalb der Altstadt, und die Anfahrt ist entsprechend steil und auf schmalen Straßen – mit einem Auto wäre das eine Herausforderung gewesen.
Meine Honda parkt sicher in der Garage, und ich bekomme ein gemütliches Zimmer im ersten Stock. Gegenüber entdecke ich ein neues Café mit schönem Blick über die Altstadt, wo ich mir später einen Kaffee gönne. Danach mache ich mich auf den Weg hinunter in die Stadt, um ein Restaurant für das Abendessen zu finden. Viel mehr unternehme ich heute nicht mehr.
Sarajevo hat eine lange, faszinierende Geschichte, die sowohl von ihrer multikulturellen Vielfalt als auch von ihren tragischen Momenten geprägt ist. Besonders der Krieg in den 90er-Jahren, während dessen die Stadt über vier Jahre lang belagert wurde, ist noch heute spürbar. Interessant finde ich auch, dass Sarajevo als „Jerusalem des Balkans“ bekannt ist, da hier alle vier großen Religionen – Islam, Christentum (katholisch und orthodox), sowie Judentum – auf engem Raum vertreten sind.
Um mehr über die Stadt zu erfahren, schließe ich mich einer Free Walking Tour an. Weil das Thermometer auf unter 10 Grad gefallen, ziehe ich mich hierzu mehrere Schichten Kleidung an. Während der zwei Stunden erfahre ich viel Spannendes über die Geschichte Sarajevos, von dem ich einiges nicht wusste. Zum Beispiel war Sarajevo einst eine wichtige Station auf der Seidenstraße, und es gibt immer noch zwei gut erhaltene Karawansereien in der Stadt.
Ich lerne auch, dass Bosnien lange Zeit zum Habsburgischen Reich gehörte, diese kauften es für 30 Jahre und dass die Habsburger es nach Ablauf, 1905, nicht mehr aufgeben wollten. Dies führte schließlich zum berühmten Attentat auf den Thronfolger Österreich-Ungarns, Erzherzog Franz Ferdinand, und seine Frau Sophie, was als Auslöser des Ersten Weltkriegs gilt.
Erstaunlich ist auch, dass in Sarajevo zeitweise vier Sprachen gesprochen wurden: Bosnisch, Deutsch, Türkisch und Latein. Es gibt heute noch Strassenschilder, die in mehreren Sprachen verfasst sind.
Die Belagerung der Stadt von 1992 bis 1996 wird ebenfalls thematisiert, und ich erfahre, dass es immer noch viele vom Krieg beschädigte Häuser gibt, die an diese dunklen Zeiten erinnern. Während der Walking Tour erfahren wir auch einiges über die heutige politische Situation in Bosnien und Herzegowina, die weiterhin schwierig und ungewiss ist. Der ausgehandelte Friedensplan, der den Krieg beendete, hat leider nicht dazu geführt, dass sich die politische Lage stabilisiert hat. Die Strukturen sind kompliziert, und es scheint, als würden alte Konflikte immer noch im Hintergrund schwelen. Deshalb verlassen viele junge Menschen das Land, weil sie keine Perspektiven für sich sehen. Zurück bleiben oft diejenigen, die den Krieg miterlebt haben und es schwer haben, mit ihren einstigen Gegnern eine gemeinsame Zukunft aufzubauen.
Nach der Tour gönne ich mir einen typisch türkischen Kaffee, um mich etwas aufzuwärmen. Am Nachmittag spaziere ich durch die belebte Innenstadt, vorbei an dem Punkt, an dem das alte Sarajevo in das neue übergeht. Nach einem verheerenden Brand haben die Habsburger den abgebrannten Teil der Stadt wieder aufgebaut, was zu einem deutlichen architektonischen Kontrast führt. Auf der einen Seite gibt es enge, orientalische Gassen, auf der anderen Seite breite Fußgängerpassagen mit den typischen großen Häusern im Habsburger Stil.
Mein Weg führt mich dann über steile Treppen und schmale Sträßchen zu einem Aussichtspunkt, der einen wunderbaren Blick über die Stadt bietet. Unterwegs passiere ich den Friedhof Kovaci, wo viele der mehr als 11’000 Kriegsopfer begraben sind. Oben angekommen, setze ich mich eine Weile in die Sonne, die den Nachmittag langsam etwas erwärmt.
Der Tag endet mit einem kurzen Besuch im Supermarkt. Anschliessend esse ich eine Wenigkeit im Aufenthaltsraum meiner Unterkunft. Dabei unterhalte ich mich mit einem Deutsch Paar, dass soeben angekommen ist und bereits das zweite Mal Sarajevo besucht.
Heute besuche ich das Tunnelmuseum in Sarajevo – ein Ort, der die unglaubliche Widerstandskraft der Stadt während der Belagerung von 1992 bis 1996 zeigt. Sarajevo war fast vollständig eingeschlossen, und nur über den Flughafen bestand eine Verbindung zur Außenwelt. Doch diese Schneise bot kaum Hoffnung. Die UNO konnte durch Verhandlungen die Kontrolle über den Flughafen übernehmen, allerdings unter der strengen Bedingung, dass keine Güter hinein- oder hinausgeschafft werden durften. Dieser Deal war fatal für die 300.000 Menschen in der Stadt, die verzweifelt auf Lebensmittel, Medikamente und auch Waffen für die Verteidigung angewiesen waren.
Der einzige Weg ins sichere Gebiet führte über das offene Flugfeld – ein Himmelfahrtskommando, da die Belagerungsarmee von den umliegenden Hügeln aus alles im Blick hatte und jeden Versuch, das Feld zu überqueren, sofort mit tödlichem Beschuss beantwortete. Auch die UNO-Soldaten verhinderten strikt jeglichen Durchgang.
Die einzige Lösung schien ein Tunnel unter dem Flughafen hindurch zu sein. 1993 wurde dieser in einer bemerkenswert kurzen Bauzeit von nur vier Monaten errichtet. Durch diesen etwas mehr als 1 Kilometer langen Tunnel konnten danach tonnenweise Materialien in die Stadt geschleust werden – Lebensmittel, Munition und andere überlebenswichtige Güter. Verletzte Soldaten konnten evakuiert, frische Verstärkung in die Stadt gebracht werden. Für Sarajevo war dieser Tunnel eine Lebensader.
Nach dem Kriegsende wurde der Tunnel geschlossen und dem Verfall überlassen. Doch einige Jahre später beschloss die Familie, deren Haus den Zugang auf der sicheren Seite des Tunnels markierte, einen Teil zu restaurieren und ein Museum zu eröffnen, um die Bedeutung dieses Ortes für zukünftige Generationen festzuhalten
Dieses Museum besuche ich heute. Dazu nehme ich die Strassenbahn und fahre von einer Endstation bis zur anderen in der Nähe des Flughafens. Auf meiner Seite befindet sich die Endstation mitten in der Altstadt. Vier Stationen später verlässt die Strassenbahn das Einkaufs- und Touristengebiet und fährt entlang der Hauptverkehrsachse. Wir passieren Gebiete mit neuen Hochhäusern, die durchwegs von Banken und Versicherungen gebaut wurden und Gebiete mit heruntergekommenen Wohnhochhäusern, die aussehen, als ob sie bald in sich zusammenfallen.
Auffällig ist auch, wie ruhig es im Tram ist. Niemand redet. Nicht einmal die Kinder. In der Schweiz geht es schon ruhig zu und her in den öffentlichen Verkehrsmitteln, aber hier ist es schon fast gespenstisch ruhig. Zudem fällt mir auf, dass die Menschen nicht freundlich miteinander umgehen. Muss jemand vorbei, sagt er nichts, sondern drückt einfach. Will sich jemand auf den freien Sitz setzen und der Gegenüber muss seine Beine aus dem Weg räumen, macht er das mit einer sauren Mine und sehr langsam. Am anderen Ende der Tramlinie steige ich aus uns suche den Bus Nr. 32, der bis in die Nähe des Museums fährt. Ich finde den Bus und frage den Fahrer, ob er dorthin fährt. Er nickt, erstaunlich freundlich, und meint Plattform four. Ich bedanke mich und suche die Plattform Nr. 4, was nicht so einfach ist, weil nichts angeschrieben ist. Es gibt jedoch nur fünf Plattformen, die alle nahe aufeinander sind und so warte ich einfach auf einer, bis ich sehe, wo der 32 Bus anhält. Ticket kaufen ist hier einfach und läuft über den Fahrer.
Der Ticketverkäufer empfiehlt mir, zuerst in den Tunnel zu gehen, da momentan nicht viel los ist. Ich folge seinem Rat und befinde mich kurze Zeit später einige Meter unter der Erde, im restaurierten Teil des Tunnels. Man kann hier etwa 200 Meter entlanggehen. Wenn ich nicht wüsste, wie wichtig und vermutlich auch gefährlich dieser Tunnel für die Bewohner der Stadt war, wäre es nichts Besonderes.
Wieder an der Oberfläche bekomme ich an verschiedenen Informationspunkten weitere Einblicke in die Bauarbeiten und die Risiken, denen die Menschen ausgesetzt waren.
Auf dem Rückweg steige ich auf halbem Weg aus der Straßenbahn aus und befinde mich auf der berühmten „Sniper Alley“. Dieser Abschnitt der Stadt war während der Belagerung besonders gefährlich, da Scharfschützen hier die Bewegungen der Menschen im Visier hatten. Das Hotel Holiday Inn, das an dieser Straße liegt, spielte während des Krieges eine besondere Rolle. Ursprünglich für die Olympischen Spiele 1984 erbaut, wurde es während des Krieges ein Zufluchtsort für internationale Journalisten und manchmal der einzige Ort in der Stadt mit Strom, Wasser und Essen. Entsprechend oft wurde es beschossen. Heute ist das Hotel renoviert, doch die gelb-braune Fassade erinnert noch immer an die Kriegsjahre.
Ich beschließe, dem Fluss Miljacka zu folgen, der sich durch die Stadt schlängelt. Auf meinem Weg sehe ich den Kontrast zwischen alten, kriegsbeschädigten Häusern und modernen Neubauten oder sanierten Gebäuden. Dazwischen eine olympische Stätte, die heute zerfallen sind, aber dennoch Geschäfte beherbergt. Eines dieser Geschäfte trägt den ironischen Namen „WAR ZONE CENTAR“.
Zurück in der Altstadt spaziere ich durch einige kleinere Gassen. Eine davon ist die Kupfergasse, wo etliche Familiengeführte Geschäfte ihre von Hand gefertigten Kupferprodukte anbieten.
Als mein Magen knurrt, gönne ich mir eine Portion Cevapcici – Hackfleischwürstchen, die mit rohen Zwiebeln und Fladenbrot serviert werden. Es ist das wohl beliebteste Gericht in Bosnien und schmeckt ganz gut. Oft könnte ich dieses Menü aber nicht essen. Als Abschluss bestelle ich mir einen bosnischen Kaffee, der dem türkischen Kaffee sehr ähnlich ist, bevor ich mich auf den Weg zurück zu meiner Unterkunft mache.
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