Reifen auf Motorrad Fernreisen
25.11.2024 tipps
Reifen – ein Thema, das in der Motorradreise-Szene immer wieder heiß diskutiert wird. Ob es nun um die beste Marke, das richtige Profil oder die Haltbarkeit geht, die Meinungen sind vielfältig.
Dieser Diskurs wird vor allem bei uns in Europa geführt wird, wo Motorräder meist ein Hobby sind. Hier haben wir das Angebot, das Geld und die Zeit, uns intensiv mit solchen Details zu beschäftigen, was zu einem profitablen Markt führt. Deshalb erscheinen dazu unzählige Test- und Vergleichsartikel. Diese werden jedoch meist von Personen geschrieben, die selbst keine Erfahrung mit Motorrad Fernreisen haben und deshalb wenig mit der Realität zu tun haben.
Die perfekte Reifenwahl verliert unterwegs auf einer Fernreise an Bedeutung. Viel wichtiger ist es, eine pragmatische Einstellung zu haben und darauf vorbereitet zu sein, dass die Reise auch mit weniger optimalem Material weitergeht. Mein Artikel soll dich dabei unterstützen, einen anderen Blick auf dieses Thema zu werfen.
Ausgangslage
In vielen Ländern, die ich bisher bereist habe, hat das Motorrad einen ganz anderen Stellenwert. Es ist kein Freizeitgerät, sondern ein unverzichtbares Verkehrsmittel für den Alltag. Hier zählt vor allem eines: Es muss günstig sein – sowohl in der Anschaffung als auch im Unterhalt. Das hat direkte Auswirkungen auf das Angebot an Ersatzteilen, Reifen und Schläuche.
Markenreifen mit speziellen Profilen sind in diesen Ländern selten, und wenn es sie gibt, sind sie oft viel teurer als bei uns. Stattdessen gibt es Reifen, die auf eine breite Palette von Maschinen passen. Für die Einheimischen sind nicht High-End-Technologie oder extreme Laufleistungen wichtig, sondern dass der Reifen verfügbar und bezahlbar ist. Das bedeutet für dich: Wenn du eine Reifenpanne hast oder Ersatz benötigst, musst du flexibel sein und nehmen, was du bekommst.
Die Grundlage für diese Flexibilität legst du bereits bei der Wahl deines Reisemotorrads. Achte darauf, dass dein Motorrad, wenn möglich eine Rad- und Reifengröße aufweist, die in möglichst vielen Ländern verbreitet ist. Gerade in Regionen, in denen Motorräder vor allem günstige Nutzfahrzeuge sind, dominieren kleinere Maschinen bis 300 cm³ den Markt – und damit auch kleinere Reifendimensionen.
Reifengröße, Schlauch oder tubeless: Was du vor der Reise wissen solltest.
Die gängigsten Größen, die ich unterwegs immer wieder sehe, sind 90/90-21 für das Vorderrad und 120/80-18 für das Hinterrad. Mit diesen Dimensionen hast du gute Chancen, selbst in entlegenen Regionen Ersatz zu finden. Größere Hinterradreifen, wie sie bei schweren Reiseenduros häufig verwendet werden, sind hingegen schwierig bis manchmal unmöglich zu bekommen.
Wenn du dich dennoch für größere Dimensionen entscheidest, solltest du bei deiner Routenplanung mit einbeziehen, wo du Ersatzreifen in der benötigten Größe finden kannst plus plane den Reifenwechsel gegebenenfalls früher ein, auch wenn der alte Reifen noch nicht komplett abgefahren ist.
Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Entscheidung zwischen Schlauch- und schlauchloser Bereifung. Schlauchlose Reifen wirken auf den ersten Blick verlockend: Sie benötigen keinen Schlauch, und ein Plattfuß lässt sich schnell mit einem Reparaturset abdichten. Doch die Nachteile zeigen sich auf schlechten Straßen, wie ich sie auf vielen Fernreisen erlebe. Ein heftiger Schlag kann die Felge verziehen, wodurch der Schlauchlos-Reifen nicht mehr dicht ist. In solchen Fällen ist eine aufwendige Reparatur notwendig, die vor Ort oft nicht möglich ist.
Hinzu kommt, dass schlauchlose Reifen in vielen Ländern wenig verbreitet sind. Wenn du dennoch schlauchlos fahren möchtest, solltest du für den Notfall einen Schlauch dabeihaben. Schlauchlose Reifen können auch mit Schlauch gefahren werden. Jedoch brauchst du dafür das richtige Werkzeug und etwas Erfahrung, um einen Schlauchwechsel oder eine Reparatur durchzuführen. Dafür kannst du auch in abgelegenen Regionen die Fahrt nach einem Plattfuss fortsetzen, ohne auf eine Werkstatt angewiesen zu sein.
Wer mit Schläuchen fährt, sollte daran denken, dass diese je nach Dimension ebenfalls schwierig sein können zu ersetzen.
Dicke Enduro Schläuche lassen sich mit normalen Schlauch-Flickzeug kaum reparieren. Zudem ist ein Schlauchwechsel einiges anstrengender. Es ist daher praktischer, von Anfang an auf normale Schläuche zu setzen.
Eine Anekdote von unterwegs
Auf meiner Motorradreise durch Südamerika führte mich mein Weg nach Paraguay, wo ich dringend einen neuen Hinterradreifen benötigte. In der Hauptstadt gab es zwar Reifen bekannter Marken, aber die Preise lagen weit über meinem Budget. Also suchte ich in einer örtlichen Werkstatt nach einer Alternative.
Dank der gängigen Hinterraddimension meiner Honda von 120/80-18 hatte der Mechaniker Reifen zur Verfügung. Er schlug mir einen Reifen einer brasilianischen Marke vor, der ihm zufolge gute Allround-Eigenschaften hatte. Für 50 US-Dollar, inklusive Montage, war der Reifen mein. Das erschien mir in Bezug auf die örtlichen Preisverhältnisse fair, und ich stimmte zu.
Mit diesem Reifen legte ich schließlich über 15.000 Kilometer zurück – auf Schotterstraßen, Sand und Asphalt. Die Leistung hat mich positiv überrascht und mir gezeigt, dass es auf Reisen nicht darauf ankommt, von welcher bekannten Marke meine Reifen sind. Viel wichtiger ist, ein Motorrad zu fahren, dass mir die Flexibilität gibt, das Beste aus den Optionen vor Ort zu machen.
Autor und Inhaber der Marke Motoglobe