Kreuz und quer zum Eisernen Tor
Bei bereits heißen Temperaturen verlasse ich meine Unterkunft und mache mich auf den Weg nach Serbien. Noch schnell tanken, und dann geht es los. Serbien ist für mich Neuland, und ich bin gespannt, was mich dort erwartet. Der Grenzübertritt verläuft problemlos, doch kaum 500 Meter hinter der Grenze stoppt mich eine Frau, die eine Umwelttaxe verlangt. Ich erkläre ihr, dass ich kein Serbisch spreche. Sie verzieht das Gesicht und murmelt etwas von 200 Dinar, entweder bar oder mit Karte. Ich bezahle in bar und setze meine Fahrt fort.
Mein erstes Ziel in Serbien ist der Nationalpark Tara. Doch bevor ich dorthin weiterfahre, halte ich kurz in Mokra Gora, wo ich mir die Schmalspureisenbahn anschaue. Ein Mann mit seiner kleinen Tochter bleibt stehen und bestaunt mein Motorrad. Ich grüße ihn, aber er ignoriert mich und läuft stattdessen weiter um meine Maschine herum.
Auf einer schmalen Teerstraße fahre ich hinauf in den dichten Wald des Tara Nationalparks. Die Aussicht ist wunderschön, besonders der Blick auf den Zaovine-See, der tief unten im Tal liegt.
An einem Aussichtspunkt treffe ich auf einen Norweger, der gerade ein Foto macht. Er grüßt freundlich zurück und wir kommen ins Gespräch. Er spricht ein wenig Englisch und erzählt mir, dass er ursprünglich aus Split in Kroatien kommt, aber seit langem in Oslo lebt. Nach einem kurzen Plausch verabschieden wir uns und setzen unsere Wege fort.
Ich nehme eine steile Schotterpiste als Abkürzung hinunter zum Zaovine-See. Die Strecke ist rutschig, aber auch aufregend. Nach einem kurzen Stopp am See fahre ich weiter in den Nationalpark hinein. Bald wechselt die Straße auf eine Schotterpiste. Das Fahren macht Spaß, doch leider sehe ich nicht viel, da der Weg kilometerlang durch dichten Wald führt.
In einem kleinen Tal stoße ich auf ein paar Häuser, und das Sträßchen ist für einige Kilometer wieder asphaltiert. Es riecht nach Rauch, und leichte Rauchschwaden hängen in der Luft. Waldbrände sind zu dieser Jahreszeit leider häufig, besonders bei der anhaltenden Trockenheit. Ich hoffe jedoch nicht, dass es sich beim Rauch um einen dieser Waldbrände handelt. Wieder auf einer Naturstraße geht es den Berg hinauf, als plötzlich ein Mercedes vor mir auftaucht, der im Schneckentempo über die grobe Schotterstraße rollt. Der Fahrer muss sich verfahren haben, denn freiwillig würde wohl niemand so ein teures Auto auf diesen Strassen fahren.
Eine halbe Stunde später erreiche ich den Parkplatz zum Aussichtspunkt Drlije. Leider sind so viele Besucher hier, dass der letzte Kilometer zum Aussichtspunkt gesperrt ist. Zu Fuß mit meinen schweren Enduro Stiefeln ist der Weg beschwerlich, aber die Mühe lohnt sich. Der Blick über das Drina-Tal ist spektakulär.
Zurück bei meiner Honda brauche ich erstmal eine Pause, bevor ich die Fahrt fortsetze. Während ich mich ausruhe, merke ich, dass ich auffalle. Viele mustern beim Vorbeigehen mich und die Enduro aber niemand grüßt oder sagt etwas. Auch beim Aussichtspunkt sprach mich jemand auf Serbisch an und fragte, ob meine Videokamera eine GoPro sei. Doch als ich auf Englisch antwortete, verschwand sein Interesse abrupt, und er wandte sich ohne ein weiteres Wort ab. Solche Reaktionen der Einheimischen sind ungewohnt für mich und hinterlassen ein eigenartiges Gefühl bei mir. Ich hoffe, dass dies nur ein erster Eindruck ist.
Weiter geht es und ich stoppe noch an einem weiteren Aussichtspunkt auf der Straße hinunter zum Fluss, von wo aus man das Wasserkraftwerk Bajina Bašta gut sehen kann.
Danach fahre ich ein paar Kilometern zurück und biege dann ab, um die letzten Kilometer bis nach Zlatibor zu bewältigen, wo ich heute übernachten werde.
Die Ortschaft entpuppt sich als großer Ski- und Vergnügungsort. Es ist Wochenende und viel los. Die einzige Gondelbahn ist ebenfalls in Betrieb, doch wo man hier im Winter Skifahren könnte, bleibt mir ein Rätsel, denn ich sehe keine Berge weit und breit. In einem der Restaurants bekomme ich etwas zu essen. Der Kellner lächelt und freut sich sichtlich, einmal Englisch sprechen zu können. Beim anschließenden Kauf von Wasser an einem der Straßenkioske spüre ich jedoch erneut diese abweisende Haltung, als ich auf Englisch erkläre, dass ich kein Serbisch spreche.
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Heute Morgen starte ich meine Tour zuerst in Richtung Süden, bevor ich nach Nordosten zur Donau fahre. Der Fluss Uvac ist bekannt für seine spektakulären, mehrschlaufigen Mäander, die ich unbedingt sehen möchte. Die Strasse, auf der ich Zlatibor verlasse, verläuft parallel zum Gondellift. In der Ferne sehe ich jetzt einen Hügel, wo das Skigebiet liegen muss – ein langer Weg per Gondel bis dorthin.
Unterwegs komme ich an einer Baustelle vorbei, wo eine rote Ampel den Verkehr stoppt. Ein Auto hält neben mir, eine Familie sitzt darin. Der Mann am Steuer lehnt sich aus dem Fenster und fragt: „Four stroke engine?“ Etwas überrascht von dieser untypischen Frage ohne jegliche Begrüßung, antworte ich einfach mit „Ja.“ Er nickt und meint nur „Good engine“, bevor er weiterfährt, als die Ampel auf Grün schaltet. Ich schüttle hingegen etwas meinen Kopf über die skurrile Begegnung.
Ich verlasse die Hauptstraße und biege auf eine schmale einspurige Strasse in Richtung Sjeniko-See ab. Auf dem Staudamm halte ich an, da kein Verkehr herrscht. Nach ein paar Minuten tauchen zwei Motorradfahrer auf, die etwa zehn Meter entfernt von mir halten und mich nur kurz mit einem Nicken begrüßen – kein Wort, kein Hallo. Langsam komme ich zu dem Schluss, dass die Einheimischen hier nicht besonders freundlich sind.
Die Straße wird noch enger, nur noch einspurig, aber die Aussicht entlang des Hügelkamms ist fantastisch. Der Untergrund wechselt anschliessen auf Schotter und es geht rauf und runter, bis ich schließlich eine Teerstraße erreiche, die mich die letzten paar hundert Meter zum Aussichtspunkt führt. Ich parke mein Motorrad und muss erneut zu Fuss gehen. Dieses Mal zum Glück nur etwa 300 Meter. Der Ausblick ist atemberaubend: Eine Mäander mit sechs Schleifen des Flusses, wie ich sie noch nie zuvor gesehen habe. Ich habe die Aussichtsplattform ganz für mich allein und genieße die Ruhe und das Panorama, bis schließlich eine Gruppe ankommt.
Zurück am Parkplatz braust eine Rennmaschine mit Sozia heran. Der Fahrer grüßt mich wieder nur mit einem knappen Nicken. Ganz anders die asiatischen Touristen, die aus einem Fahrzeug steigen und mich beim Vorbeigehen alle auf Englisch grüßen und einen schönen Tag wünschen. Ich grinse, grüße zurück und wünsche ihnen viel Spaß beim Erkunden der Aussichtsplattform.
Weiter geht es nach Norden auf einer frisch geteerten, kurvigen Straße, die sich großartig fahren lässt. Danach führt der Weg über Schotterpisten weiter über einen Bergkamm, bis ich schließlich bei meiner Unterkunft ankomme. Dort erwartet mich ein nagelneues Gasthaus. Die Frau am Empfang spricht zwar Englisch, überlässt das Gespräch jedoch einer anderen Touristin, die Deutsch und Serbisch spricht und mir alles auf Deutsch erklärt. Jetzt freue ich mich aufs Relaxen im kühlen Zimmer, war es doch erneut ein heisser Fahrtag.
Heute führt meine Route zur Donau, die auf der Karte wenig spektakulär aussieht. Es ist eine hügelige Strecke, aber ohne besondere Sehenswürdigkeiten, die mir beim Planen ins Auge springen.
Ich durchquere zahlreiche kleine Siedlungen und merke dabei einmal mehr, dass in Serbien nur wenige Touristen unterwegs sind, besonders keine Motorradfahrer. Überall wird mir nachgeschaut, weil vermutlich der Klang eines Motorradmotors eher fremd für sie ist. Wie gewohnt fahre ich langsam durch die Dörfer und grüße die Menschen, die mich anblicken. Doch nur wenige erwidern meinen Gruß.
Die orthodoxe Kirche spielt in Serbien eine wichtige Rolle, was sich an den überall herausgeputzten Kirchen zeigt. Das gilt auch für das Kloster Svetog, das plötzlich im Niemandsland auf einem Hügel mit Weitblick.
Schließlich erreiche ich bei Golubac die Donau, die hier fast wie ein See wirkt. Ich werde von der Besitzerin meiner Unterkunft und ihrem etwa zwölfjährigen Enkelsohn begrüßt. Der Junge ist bei seiner Großmutter aus Deutschland in den Sommerferien und wirkt sichtlich stolz, dass er mir auf Deutsch alles erklären kann, was ihm seine Großmutter auf Serbisch erzählt.
Da ich früh dran bin, nutze ich die Zeit für einen Spaziergang entlang der Uferpromenade. Diese mag zwar gepflegt wirken, kann jedoch nicht verbergen, dass die Ortschaft Golubac schon bessere Zeiten erlebt hat, was mich verwundert. Schliesslich befindet sich ganz in der Nähe die Festung Golubac, die imposant auf einem Felsen am Eingang zum Eisernen Tor thront. Diese Burg zählt zu den am besten erhaltenen Festungen des Landes und zieht viele Besucher an. Dennoch scheint die Ortschaft selbst davon kaum zu profitieren.
Als sich der Hunger langsam meldet, muss ich eine Weile suchen, denn fast alle der wenigen Restaurants haben an diesem Montag geschlossen. Schließlich werde ich dank Google Maps fündig, das mich zu einem Restaurant führt, das sich neben einer Bauruine niedergelassen hat. Trotz der ungewöhnlichen Lage erweist es sich als angenehmer Ort für eine Mahlzeit nach einem langen Tag
Das Eiserne Tor ist eine Schlucht, die sich entlang der Donau erstreckt. An diesem Abschnitt verengt sich der Fluss zwischen steilen Felswänden und bildet eine der tiefsten und engsten Stellen der Donau. Diese Schlucht markiert den Durchbruch der Donau durch die Karpaten und erstreckt sich über 100 Kilometer, bis sie beim gleichnamigen Wasserkraftwerk endet, dem leistungsstärksten Kraftwerk entlang der Donau.
Obwohl ich schon zwei Mal in Rumänien auf Tour war, ergab sich die Gelegenheit nicht, durch das Eiserne Tor hindurchzufahren. Zeit, dies nachzuholen.
Sowohl auf der serbischen als auch auf der rumänischen Seite führt eine Strasse entlang der Schlucht. Ich entscheide mich für die serbische Seite, da sie felsiger ist und die Straße zwischendurch ansteigt und beeindruckende Weitblicke ermöglicht. Ich starte meine Fahrt und bin überrascht, wie wenig Verkehr auf der Strecke ist. Das kommt mir gelegen, denn so kann ich an den schönsten Punkten entlang der Straße immer wieder anhalten, auch wenn es keinen Parkplatz gibt, und die Ausblicke genießen.
Wie in der Ortschaft Golubac hat es entlang der Strecke etliche Hinweise darauf, dass diese Region bessere Zeiten erlebt hat. Zahlreiche verlassene Restaurants und stillgelegte Boote zeugen davon.
Einer der schönsten Aussichtspunkte ist gegenüber dem Felsrelief des Dakerkönigs Decebalus auf der rumänischen Seite. Das 40 Meter hohe Relief wurde zwischen 1994 und 2004 von mehreren Bildhauern erschaffen und erinnert an den letzten König der Daker, die gegen die Römer gekämpft hat.
Schließlich erreiche ich das riesige Wasserkraftwerk und beziehe meine Unterkunft im nahegelegenen Städtchen Kladovo, wo ich einen Tag Pause einlege.
Route und Downloads
Track und POI meiner Route
Die GPX Datei enthält den Track und diverse Wegpunkte von Pässen, Aussichtspunkten,Sehenswürdigkeiten, Strasseninfos, , Grenzen und mehr. Alle Daten ohne Gewähr.
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