
Dschungel Highway zum Tanganyika See
01.07.2025 routen >> afrika hautnah
Einmal mehr werde ich vom Sonnenaufgang geweckt. Zwar musste ich mein Lehmhäuschen gegen ein Holzchalet tauschen, dass auf der gegenüberliegenden Seite des Haupthauses liegt. Die Aussicht ist von hier nicht mehr gleich, was aber der Schönheit des Sonnenaufganges nicht anhaben kann, scheint er jetzt einfach durch das Fenster hindurch.
Ich stehe gleich auf und packe meine sieben Sachen zusammen und gehen anschliessend zum Frühstück. Heute will ich die Grenze nach Tansania überqueren und möchte deshalb gegen Mittag am 150km entfernten Grenzposten sein, damit ich genügend Zeit zur Verfügung habe. Man weiss nie, wie lange es dauern kann.
Wie erhofft, kann ich gegen 08.00 Uhr losfahren. Dabei werden die Honda und meine Fahrkünste gleich auf den ersten 15 km getestet, geht es doch auf eine ziemlich schmalen, steinigen und teils steilen Schotterpiste zur Hauptverkehrsachse bei See hinunter. Das dauert seine Zeit, was ich aber eingeplant habe. Ohne Zwischenfall erreiche ich die Teerstrasse und folge dieser bis zum Grenzposten. Die vielen löcherigen Abschnitte machen das Fahren nicht einfacher und halten mich leider davon ab, die Landschaft zu geniessen.
Der Malawi Grenzposten ist verstopft mit Lastwagen. Diese stehen kreuz und quer auf der Strasse herum. Mit einem Auto hätte ich hier Probleme gehabt, bis zum Grenzgebäude vorzufahren. Mit der Enduro geht das zwischen den Trucks hindurch dafür recht einfach. Einmal mehr halte ich direkt vor dem Gebäude, wo mich gleich wieder ein paar „Fixer“ verfolgen. Ich schüttle sie so gut wie möglich ab. Sobald ich zwei, drei Mal erwähne, dass ich nicht bereit bin etwas zu zahlen, lässt ihr Interesse schnell einmal nach.
Trotz Verkehrschaos ist bei den Schaltern wenig los und so bekomme ich meinen Ausreisestempel in den Pass innert Minuten. Das Ausstempeln des Carnet geht ebenfalls zügig und so stehe ich nach einer halben Stunde schon wieder bei der Honda und fahre über den Songwe Grenzfluss zum tansanischen Grenzposten. Auch hier erwarten mich eine paar „Fixer“. Einer davon bleibt hartnäckig hinter mir und verfolgt mich bis vor den Immigration Schalter. Jedes Mal, wenn ich ihm sage, dass ich keine Hilfe brauche und nichts bezahle, erwidert er, «du wirst mich noch brauchen».
Als ich an die Reihe komme, ignoriere ich ihn und konzentrier mich auf den Zollbeamten. Er gibt mir zwei Einreisezettel zum Ausfüllen, was ich in ein paar Minuten erledigt habe. Wieder zurück am Schalter, verlangt er die Gebühr von $ 50.00 für das 90-tägige Single Entry Visa. Gleichzeitig zeigt er auf einen Schalter auf der gegenüberliegenden Seite der Hallte und sagt, ich soll schon Mal dahin gehen für den Papierkram für das Motorrad. Er werde in der Zwischenzeit das Visa in meinem Pass eintragen und mich ins Land einstempeln.
Ich nicke und gehen hinüber zu dem besagten Schalter. Mein Verfolgungsfixer bleibt dicht hinter mir und erwähnt dauernd, dass er mir die Bearbeitung für den temporären Import des Motorrades abnehmen könnte. Ich reagiere nicht mehr darauf, sondern schaue mich um, wo die Person sein könnte, die den Schalter bedient.
Leider finde ich niemanden und als nach einer Viertelstunde immer noch kein Anzeichen auf die Person ist, gehe ich zurück zur Immigration, wo ich vom Beamten meinen Pass mit Visa bekomme. Ich frage ihn, wo die Person des anderen Schalters sein könnte, worauf er meint, es sei Mittagszeit und es könne länger dauern, bis da jemand kommt.
Na super, denke ich mir, und gehe zurück zum unbesetzten Schalter. Mein Schatten von Fixer ist immer noch hier und belabert mich mit irgendwelchen Vorgängen, die er gegen ein Entgelt für mich erledigen könnte. Ich schüttle den Kopf und gehen nicht mehr darauf ein.
Da taucht plötzlich in der Schaltertür eine Frau auf und bevor ich reagieren kann, drücken sich fünf andere Personen vor mich an den Schalter und reden auf die Frau ein. So dauert es nochmals eine ganze Weile, bis ich an der Reihe bin. Bereits der Blick der Frau verrät mir, dass dies schwieriger sein könnte und prompt erwidert sie, als ich ihr das Carnet hinhalte, dass dieses in Tansania nicht akzeptiert wird und ich ein Temporärer Import Papier erhalten müsse. In Foren habe ich gelesen, dass Tansania spezielle Regeln hat, weshalb mich das jetzt nicht verwundert. Ich frage sogleich, welches Formular ich dafür ausfüllen soll, worauf sie antwortet, dass dies nur Online möglich sei und sie, dass für mich machen müsse. Sie jedoch noch viel Arbeit habe und es in etwa drei bis vier Stunden dauern würde, bis sie mir das T.I.P ausstellen könne. Das lasse ich nicht einfach so stehen und hake gleich nach, ob dies nicht schneller machbar wäre. Wie erwartet nickt sie und meint, sie könne mir jemanden vermitteln, der meine Daten im System erfassen könne damit sie nachher das Formular nur noch ausdrucken und abstempeln können. Und wer ist diese Peron, natürlich der „Fixer“, der immer noch hinter mir steht und mich nun grinsend anschaut und meint, er habe doch gesagt, ich werde ihn noch brauchen. Gegen ein solch abgekartetes Spiel habe ich leider keine grossen Chancen ausser ich würde mich jetzt einfach stur auf die Bank setzen und warten, bis die Zollbeamtin für die Eingabe Zeit hat. Ich müsste aber damit rechnen, dass dies eventuell sogar nicht mehr heute Nachmittag wäre, sondern erste Morgen und ich dann hier übernachten müsste. Keine passable Option.
Ich frage den Helfer, was er den für den Service verlange und wie schnell es über ihn dann geht, bis ich das T.I.P. habe. Er erwidert $ 10.00 und eine halbe Stunde. Daraufhin hole ich eine $10 Note aus meiner Tasche und sage ihm, dass ich sie ihm gebe, wenn ich das abgestempelte T.I.P spätestens in einer halben Stunde in der Hand habe.
Natürlich schafft er das locker, weil er nicht viele Daten in die System-App, welche er auf seinem Handy hat, eingeben muss. Und schon stehen wir wieder am Schalter bei der Frau, worauf diese das Formular ausdruckt, abstempelt und mir übergibt. Aufregen nützt hier nichts und somit gebe ich dem Helfer die $ 10.00. Vermutlich muss er einen Teil davon der Frau am Schalter abgeben, da sie garantiert zusammenarbeiten.
Kaum hat er das Geld, versucht er mir gleich noch eine Versicherung zu verkaufen. Ich lehne jedoch ab und erwähne, dass ich diese in der nächsten grösseren Stadt kaufe, weil gemäss meinen Infos die meisten Versicherungsverkäufer an der Grenze falsche Policen anbieten. Natürlich erwähnt er, dass mich die Polizei sicher anhalten wird und die Versicherung sehen will, weshalb ich diese hier kaufen müsse. Darauf gehe ich nicht ein, weil ich das Risiko eingehen.
Wieder beim Motorrad stehen gleich zwei weitere Männer bei mir und wollen mir eine SIM-Karte verkaufen und Geld wechseln. Dem SIM Karten Verkäufer sage ich, dass ich kein Interesse habe. Ich kaufe mir lieber morgen in der Ortschaft, wo ich heute übernachte, ein Datenpaket im regulären Shop. Das ist garantiert billiger und ich bekomme keine Fake SIM Karte. Denn Geldwechsler frage ich nach dem Kurs, der annehmbar ist. Ich nehme 40 Dollar aus meiner Tasche und lasse ihn das tansanische Geld abzählen. Er legt diese auf den Enduro Sattel und will gleich die $ 40 nehmen, was ich aber nicht zulasse. Zuerst zähle ich das Geld nach und siehe da, es fehlen 20’000 Schilling von den versprochenen 100’000. Eine gängige Masche der Geldwechsler, die flink mit ihren Händen sind und so, ohne dass man es merkt ein paar Geldscheine verschwinden lassen können, während sie zählen. Er reicht mir die zwei fehlenden Scheine nach und ich gebe ihm anschliessend die Dollar Noten.
Mittlerweile sind 2 1/2 Stunden vergangen und ich habe noch eine längere Strecke vor mir, bis ich in Mbeya ankomme, wo ich heute übernachte. Ich starte den Motor und schalte das Navigationsgerät ein. Als ich die Ankunftszeit mit 17.30 Uhr sehe, werde ich stutzig. So spät? Da kann doch was nicht stimmen. Ich überprüfe die Route und sehe, dass alles in Ordnung ist. Ich nehme mein Handy zur Hand und checke die Route mit Google Maps. Das funktioniert noch, weil ich immer noch Empfang mit der SIM-Karte von Malawi habe. Als ich die Uhrzeit auf dem Handy sehen, merke ich, dass mein Navigationsgeräte eine Stunde später anzeigt. Gibt es vielleicht eine Zeitverschiebung, die mir nicht bewusst ist? Und richtig, Tansania hat eine Stunde später als Malawi, was die später Ankunftszeit erklärt. Und so kann ich endlich losfahren und den Grenzbereich verlassen.
Was bereits nach ein paar Kilometern auffällt ist, dass Tansania viel grüner ist als Malawi und es überall Bananenstauden gibt. Hinzu gesellen sich Teeplantagen. Die Sonne ist dafür hinter dicken grauen Wolken verschwunden, was die Fahrt frischer macht, als erwartet. Kein Wunder, ich bin schon wieder auf 1’700 Meter Höhe.
Heute übernachte ich bei einem Engländer, der gemäss den Infos fast sein ganzes Leben in Afrika verbracht hat. Mittlerweile ist er an die 70 Jahre alt und unterhält einen kleinen Camping- und Guesthouse Betrieb für Overlanders. Dieser befindet sich mitten in der Stadt Mbeya. Wie meine Navi-Gerät prognostiziert hat, treffe ich gegen 17.30 bei ihm an. Er erwartet mich bereits und hat mir anscheinend via WhatsApp geschrieben, ob ich noch komme oder nicht.
Er zeigt mir mein Zimmer und meint zugleich, dass wenn ich etwas zu Nachtessen wolle, er mit mir zu einem kleinen Grillstand fahre, könne, wo es leckere Hühnchen mit Pommes Frites gäbe. Gerne sage ich zu und schon sitzen wir eine halbe Stunde später in seinem Auto und fahren zu dem kleinen Lokal, das nur aus einem grossen Grill und ein paar Tische auf dem Gehsteig vor dem Shop des indischstämmigen Inhabers besteht. Wir werden freundlich begrüsst und schnell merke ich, dass Paul alle seine Gäste früher oder später hierherbringt. Kein Wunder, dass gegrillte Hühnchen schmeckt, super und die Pommes Fritte sind knusprig und gut gewürzt. Diese werden vor uns in einer grossen Pfanne mit Öl auf offenem Feuer frittiert. Dann hoffe ich, dass das Öl 1a Qualität ist und ich nicht morgen dafür büssen muss. Da Paul davon ebenfalls eine grosse Portion vertilgt, gehe ich davon aus, dass es ok sein wird.
Wieder zurück in der Unterkunft schlemmer ich einen gute Nacht Café und schlafe kurze Zeit später das erste Mal in Tansania ein.
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Tags darauf schlafe ich aus und verplempere den Morgen im Garten des Guesthauses. Dabei lerne ich Ina kennen, die mit ihrem Partner seit vier Jahren mit ihrem über 20-jährigen Land Rover in Afrika unterwegs sind. Sie erzählt mir etwas verwirrt von ihrer Sinneskrise mit ihrem Partner und dass sie seit zwei Wochen, die sie hier sind, nicht mehr miteinander reden, weil sie sich uneinige seien, wie es weitergeht. Kurz darauf verschwindet sie in ihrem Zimmer und ich sehe sie, bis ich weiterreise, nicht mehr. Ihren Partner lerne ich etwas später an diesem Tag kennen. Er ist genauso merkwürdig und steht von seinem Sessel, während er redet, auf und verschwindet in die Küche und dann weiter in sein eigenes Zimmer. Den angefangenen Satz hat er dabei nicht mehr fertig geredet. Reisen hinterlässt sich bei allen positiven Spuren.
Am Nachmittag gehe ich ins naheliegende Zentrum und beschaffe mir als erstes mehr Bargeld bei einer Bank mit ATM, die keine Kommission für den Bezug verlangt. Schön, dass es das auch noch gibt. Danach gehe ich in den Telefonshop und kaufe mir eine SIM-Karte mit Datenpaket. Das dauert eine geschlagene Stunde. Dann ist es schon wieder Zeit für eine Cafépause in einem kleinen Kaffeeshop. Danach laufe ich zum Supermarkt, der zu meiner Überraschung mitten am Nachmittag für zwei Stunden geschlossen hat. Zu mehr reicht es an diesem Tag nicht.
Anstatt gleich weiterzufahren, entscheide ich mich einen Tag länger zu bleiben und einen kleinen Ausflug in die Bergregion zu unternehmen. Von Mbeya führt eine kurvenreiche Strasse hinauf zur höchstgelegenen Passstrasse Tansanias. Diese soll auf etwa 2’900 Meter liegen. Paul sagt mir jedoch beim Frühstück, dass dies nicht stimmt und der höchste Punkt bei 2’480 Meter liege. Da bin ich gespannt, was mein Navigationsgerät dazu meint, wenn ich da oben bin.
Das deutsche Paar, welches gestern spät abends mit ihrem Jeep angekommen ist, will ebenfalls da hochfahren, bevor sie in Richtung Malawi weiterfahren. Sie starten einiges früher als ich, da ich zuerst ausgiebig frühstücken möchte.
Gegen 11.00 starte ich dann den Honda Motor und kurve gleich ab der Stadtgrenze auf der kurvenreichen Strasse hinauf in die Bergwelt. Obwohl es sonnig ist, hängt ein ziemlicher Dunst über der Landschaft, was die Aussicht etwas trübt.
Kurz vor dem höchsten Punkt werde ich von einer Polizeikontrolle gestoppt. Oh Mist, saust es mir durch den Kopf. Ich habe noch gar nicht wegen der Versicherung geschaut. Und bei der Fahrt von der Grenze in die Stadt wurde ich an den drei Check-Points nie angehalten.
Ich halte an und überlege mir bereits eine Ausrede, als der Polizist mich freundlich grüsst und fragt, wo ich hinmöchte. Ich erwähne zum höchsten Strassenpunkt seines Landes, was ihn sichtlich freut und er mir eine gute Weiterfahrt wünscht. Uh, da habe ich eventuell nochmals Glück gehabt wegen der Versicherung oder er hat mich einfach nur gestoppt, weil er gesehen hat, dass ich ein Ausländer bin und er mit mir reden wollte.
Ob angekommen, parkiert das deutsche Paar gleichzeitig auf der Gegenseite. Zusammen gehen wir die letzten paar Meter zur Infotafel hoch, wo steht, dass wir auf 2’961 Metern sind. Mein Navi zeigt aber wie Paul bereits erwähnt hat, lediglich 2’480 Meter an. Da hat wohl irgendjemand ein paar Meter dazugeschlagen. Von hier aus schlängelt sich die Strasse weiter durch die Berge zu einem weiteren Aussichtspunkt. Das deutsche Paar war bereits dort und hielt nicht an, weil ein Eintritt von € 10.00 von ausländischen Touristen verlangt wird. Ich kehre deshalb bereits hier wieder um und winke kurze Zeit später dem Polizisten von vorhin beim Vorbeifahren zu, was ihn sichtlich freut.
Auf der Strecke zurück klart es etwas auf und ich kann ein paar Fotos von der Aussicht auf die Stadt schiessen. Dabei fallen vor allem die silbrig glitzernden Wellblechdächer auf, die fast alle Hausbauer verwenden.
Wieder zurück in der Unterkunft schlägt mir Paul vor, dass er mit mir einen kleinen Ausflug zu einem seiner Projekte macht und wir danach bei einer Bekannten von ihm vorbeischauen, die Schokolade herstellt und verkauft.
Nach einer kurzen Mittagspause fahren wir los und durchqueren im Zickzack die Stadt, damit wir den Hauptverkehrsachsen ausweichen können. Bei dem von ihm erwähnten Projekt handelt es sich um eine Verkaufsstelle für Küken. Er kauft die Küken bei verschiedenen Hühnerfarmen ein, transportiert sie in die Stadt und verkauft sie hier an Kleinstbetriebe, die die Küken aufziehen, bis sie schlachtreif sind und dann auf dem Markt lebend als Nahrungsmittel verkaufen. Das scheint gut zu funktionieren, da während unserer Anwesenheit unzählige Männer und Frauen in die Halle reinkommen und einen Karton voll Küken, die gerade einmal einen Tag alt sind, kaufen und mitnehmen.
Wieder im Auto nehmen wir erneut unzählige Schleichwege, damit wir nicht auf die Hauptstrasse durch die Stadt fahren müssen. Diese wird, während 24 Stunden pro Tag, von einem Heer von Lastwagen befahren, weil die Ortschaft auf der Hauptroute zwischen der Hauptstadt von Sambia und Tansania liegt. Von diesem Verkehrschaos bekam ich bei der Fahrt zu Pauls Unterkunft bereits einen kleinen Vorgeschmack. Morgen werde ich leider auf dieser Strecke für einige Zeit unterwegs sein müssen.
Das Schokoladengeschäft liegt in einer kleinen Shopping-Mall. Obwohl es nicht heruntergekommen aussieht, gibt es keine weiteren Geschäfte hier. Die Erbauer der Mall gingen einmal davon aus, dass das Viertel Zukunft hat und die Mall florieren würde. Gemäss Paul ist das Viertel zwar wie vorausgesagt am Aufstreben, die Mall mit ihren Angeboten ist jedoch nicht auf Anklang gestossen.
Im Schoggi Geschäft werden wir von der Verkäuferin freundlich begrüsst. Die Inhaberin ist leider nicht da. Trotzdem schauen wir uns um und wir beide kaufen ein paar Tafeln. Wieder einmal etwas Süsses wird mir schmecken. Danach werfen wir noch einen kurzen Blick in die kleine Fabrikationsstätte und verabschieden uns anschliessend.
Wieder zurück in der Unterkunft organisiert Paul sogleich ein Nachtessen mit zwei Bekannten von ihm. Wie sich dann später herausstellt, kommt er selbst nicht mit, weil er keine Zeit hat. Dafür schliessen sich Anna und Leon dem Essen an. Sie beide habe ich bereits im Cape MacLear und in der Mushroom Farm in Malawi getroffen. Sie sind aus Deutschland und reisen für zwei Monate mit dem Rucksack und öffentlichen Verkehrsmitteln durch einige Ostafrikastaaten. Gestern Abend sind sie ebenfalls in Mbeya angekommen. Schön, sehe ich beide nochmals, bevor unsere Reiserouten in unterschiedliche Richtungen weitergehen.
Mein nächstes größeres Ziel ist die Stadt Kigoma am Tanganyika-See. Die Route dahin könnte nicht vielfältiger sein. Als Erstes muss ich wegen fehlender Alternativen 100 km auf der von LKW verstopften Hauptverkehrsachse zwischen Sambia und Tansania in Richtung Sambia zurücklegen. Kurz vor der Grenze biegt dann meine Route ab und folgt zuerst dem Rukwa-See und später dem Tanganyika-See. Leider immer in einem großen Abstand, sodass ich vom Wasser nichts sehen werde. Dazwischen liegen zwei teils lange Schotterpassagenstrecken, die einmal durch einen Nationalpark führt und das andere Mal durch wenig besiedeltes Gebiet. Da bin ich gespannt, was auf mich zukommt.
Ich verabschiede mich von Paul, den ich vermutlich Ende August, anfangs September wiedersehen werde, wenn ich auf dem Weg nach Sambia wieder durch Mbeya fahren werde. Er weist mich nochmals darauf hin, dass die Fahrt auf der Hauptverkehrsachse bis an die Grenze von Sambia unangenehm sein wird, wegen dem vielen LKW-Verkehr. Und so kommt es dann auch.
Nach einigen Kilometern biege ich auf die Hauptroute ein und werde gleich von einer langen Kolonne Lastwagen empfangen, die zum Glück in die andere Richtung im Stau steht. Das bewirkt jedoch, dass alle Motorräder, TukTuk-Taxis, Autos und Busse die stehende LKW-Kolonne auf meiner Straßenseite überholen und ich mehrere Male meine Straßenhälfte verlassen muss, um nicht umgefahren zu werden.
Und so geht es auf der gesamten Länge der Strecke zu und her. Sobald die Route durch eine Ortschaft führt, entsteht ein LKW-Stau, was alle anderen Verkehrsteilnehmenden zu teils wilden Manövern verleitet, die mir öfters gefährlich werden können.
Als ich mich endlich der Grenzstadt Tunduma nähere, wo meine Route lediglich ein paar Meter vor der Grenze zu Sambia von der Hauptverkehrsachse wegführt, stauen sich die Lastwagen auf meiner Seite über mehr als 10 km. Das entstehende Chaos dadurch ist unbeschreiblich. Zum Glück bin ich mit dem Motorrad unterwegs und kann mich so wie die lokalen Motorradtaxis links und rechts der Kolonne entlangschlängeln – immer auf der Hut vor Verkehrsteilnehmern, die ohne Anzeichen in eine Richtung abbiegen. Zudem ist der entgegenkommende Verkehr eine Gefahrenquelle, da die TukTuks und Motorräder ebenfalls laufend versuchen, die LKW zu überholen.
Als ich dann endlich den Kreisel erreiche, wo ich auf meine Route nach rechts abbiegen kann, ist dieser total verstopft. Ein Polizist in der Mitte schaut mich an, und als ich ihm anzeige, dass ich nach rechts abbiegen will, winkt er mir zu, dass ich einfach verkehrtherum fahren soll, da es dort schmale Freiräume gibt, wo ich mit dem Motorrad durchkomme. Flexibilität im Strassenverkehr.
Einige Kilometer später ist das Chaos wie weggeblasen, und ich kann das erste Mal heute entspannt auf einer gut ausgebauten Teerstraße durch die savannenähnliche Landschaft düsen. Was für eine Erholung.
Das bleibt so über die gesamte Distanz bis zu meiner Unterkunft in der größeren Ortschaft Sumbawanga. Auf der Fahrt fällt mir auf, dass die Straßenführung durch die Siedlungen viel großzügiger ausgelegt ist als in den vorherigen Ländern. Einerseits ist die Straße bereits recht breit und hat zusätzlich für die Fußgänger an beiden Straßenseiten einen mit Betonsteinen abgegrenzten Bereich. Zudem sind die Häuser in einem Abstand von sicherlich 50 Metern von der Straße entfernt. Das alles führt dazu, dass auf der Straße viel weniger Betrieb herrscht als bis anhin. Die teils hohen Bremsrillen und Schwellen sind aber auch in Tansania im Übermaß vorhanden. Übersehe ich diese und fahre etwas zu schnell, bringt das die Enduro in einen leichten Flugmodus.
Mein Guesthouse liegt in einem ruhigen Viertel und im angeschlossenen Restaurant bekomme ich nach dem Auspacken ein gut gewürztes Curry mit Gemüse, Huhn und Reis. Danach plane ich meine morgige Route durch den Katavi-Nationalpark und wo ich eine Übernachtungsmöglichkeit habe.
Als Motorradreisender sind für mich leider fast alle Nationalparks gesperrt. Dabei steht nicht die Gefahr, gefressen zu werden, im Vordergrund, sondern der Motorenlärm, der die Tiere anscheinend viel mehr erschreckt als der eines Autos.
Umso mehr freut es mich, dass ich heute ausnahmsweise durch einen tierreichen Nationalpark fahren darf. Zwei offizielle Straßenverbindungen führen durch den Park, weshalb die Strecke für alle geöffnet ist. Ich wähle die Route, die an einer Stelle über den Katuma-Fluss führt, in der Hoffnung, dort einige Tiere zu Gesicht zu bekommen.
Heute wache ich nicht mit dem ersten Tageslicht auf, sondern «verschlafe» fast bis 08:00 Uhr. Die dicken schwarzen Vorhänge haben das Tageslicht gut abgeschirmt. Ich muss mich also sputen, wenn ich spätestens um 09:00 Uhr losfahren will. Lieber früh genug losfahren, damit ich bei unvorhersehbaren Schwierigkeiten auf der über 70 km langen Schotterpassage durch den Park zeitlich genügend Spielraum habe.
Bei der letzten Tankstelle im Ort fülle ich den Tank noch einmal auf und düse auf der weiterhin gut ausgebauten Teerstraße in die Savanne hinaus. Alle paar Kilometer erscheint ein Hinweisschild, dass diese Straße von den USA finanziert wurde. In der aktuellen Lage in den USA wäre das wohl kaum noch möglich.
Nach 150 km ist in dem kleinen Ort Kizi Schluss mit Asphalt und die Hauptverkehrsroute führt auf einer Piste weiter durch den Nationalpark. Ich biege hier jedoch ab und mache einen kleinen Umweg, bis ich etwa eine Dreiviertelstunde später die Kreuzung zur zweiten Schotterpiste durch den Katavi-Nationalpark erreiche.
Anfangs ist die Straße eine festgefahrene, rumpelige Lehmpiste mit vielen ausgewaschenen Stellen – die Spuren der vor Kurzem zu Ende gegangenen Regenzeit.
Nach einigen Kilometern gelange ich zur Parkgrenze, die lediglich durch ein kaum noch lesbares Schild gekennzeichnet ist. Wenige Hundert Meter später sehe ich vor mir Tiere auf der Straße herumlaufen. Von Weitem sehen sie aus wie eine der Kuhherden, die in dieser Region verbreitet sind. Als ich jedoch näherkomme, erkenne ich, dass es sich um eine Büffelherde handelt. Als die Tiere mich bemerken, schauen sie mich zuerst skeptisch an und rennen dann in die Büsche, wo sich eine ganze Herde versteckt. Da Büffel aggressiv reagieren können, halte ich gebührenden Abstand. Bevor ich jedoch ein Foto machen kann, flüchtet die ganze Herde dicht gedrängt ins Dickicht. Leider schon wieder weg – aber schön, dass ich auf den ersten paar Metern bereits Tiere sehe.
Da die Piste eine offizielle Verkehrsverbindung ist, verkehren hier auch Busse und Lastwagen. Es dauert nicht lange, bis mir der erste Bus entgegenkommt. Dabei wird mir klar, dass das meine Tierbeobachtungen stark einschränken wird.
Bis zur Brücke über den Katuma-Fluss sehe ich dann auch keine weiteren Tiere mehr. Laut meinen Informationen sammeln sich hier bei niedrigem Wasserstand die Hippos in einem kleinen Pool. Teilweise tummeln sich über hundert Tiere in dem Tümpel. Heute sieht es jedoch nicht danach aus. Es ragen nur zwei Hippo-Köpfe aus dem Wasser und gleich unter der Brücke, die nur ungefähr zwei Meter über dem Wasser verläuft, schläft ein riesiges Krokodil. Als ich näherkomme, verschwindet es blitzartig.
Neben den sehenswerten Tieren gibt es in weiten Teilen des Nationalparks leider auch Tsetsefliegen. Diese fliegenden Monster fallen buchstäblich über einen her, wenn man nur kurz stehen bleibt. Zum Glück weht hier am Fluss ein kräftiger Wind, was das Aufkommen der Stechbiester einschränkt. Trotzdem lasse ich meinen Helm auf und das Visier geschlossen.
Ich sehe mich weiter um und erblicke auf einer kleinen Insel ein weiteres großes Krokodil, das vor sich hindöst und sich von der Sonne wärmen lässt. Dahinter liegt ein riesiges Flusspferd – und nochmals ein Krokodil. Das Verhältnis der beiden Tiere zueinander ist eher paradox: Flusspferdbabys müssen sich vor Krokodilen in Acht nehmen, aber sind die Hippos erst einmal groß, müssen sich die Krokodile vor ihnen in Acht nehmen.
Ich bleibe noch eine Weile auf der Brücke stehen und halte Ausschau nach weiteren Tieren. Als ein Auto von der gegenüberliegenden Seite auftaucht, bewege ich die Honda der schmalen Brücke und fahre weiter. Ein paar Minuten später muss ich wegen einer sandigen Umfahrungsschlaufe das Tempo drosseln – und werde prompt zum ersten Mal von einem Schwarm Tsetsefliegen heimgesucht. Unglaublich, wie schnell die zur Stelle sind, wenn ich nur kurz langsamer werde. Fahre ich schneller, setzen sie sich einfach auf meine Jacke und Hose und fahren mit – bis ich wieder bremse. Dann beginnt die nächste Attacke. Zum Glück können sie durch meine Motorradjacke und -hose nicht stechen. Ich muss jedoch die Lüftungsschlitze schließen, denn dort erwischt mich ab und zu doch eine.
Und so geht die Fahrt weiter: Fahre ich über 35 km/h, geben die Viecher Ruhe. Muss ich wegen der vielen teils sandigen Umfahrungen langsamer werden, kreisen sofort hunderte Stechmonster um mich. Anhalten ist keine Option – weshalb ich zwei Zebras, die plötzlich aus dem Gebüsch auftauchen, nur kurz erblicke. Gerne hätte ich gehalten und wäre zu Fuß ein paar Meter zurückgegangen, in der Hoffnung, sie beobachten zu können. Dabei wäre ich jedoch von den Tsetsefliegen aufgefressen worden.
Nach etwa zwei Stunden nähere ich mich dem Ende des Nationalparks – und wie von Geisterhand verschwinden die Fliegen. In Ostafrika ist vor allem Tansania stark betroffen von den Tsetsefliegen. Sie kommen in einigen der bekannten Nationalparks vor, zum Beispiel im Serengeti-Nationalpark. Einziger Vorteil dieser Plagegeister: Sie schränken die Besiedlung durch Menschen stark ein, was die Parks davor bewahrt, mehr und mehr erschlossen zu werden.
Als meine Schotterpiste in die Hauptverkehrsstraße mündet, fahre ich ein kleines Stück zurück zu einer Brücke, von der man angeblich ebenfalls Hippos und andere Tiere sehen kann. Leider befindet sich hier jedoch eine große Baustelle – die Brücke wird erneuert. Von Tieren ist weit und breit nichts zu sehen.
Mpanda ist die letzte größere Ortschaft in dieser Region, wo ich in einer Lodge ein bequemes Zimmer mit sicherem Parkplatz bekomme. Mit €15 sind die Zimmerpreise in Tansania wirklich günstig – und das anschließende Essen für €5 kostet gerade mal die Hälfte von dem, was ich in Malawi durchschnittlich bezahlt habe.
Beim Abendessen und Frühstück fällt mir auf, dass Zeitangaben in Tansania offenbar nichts bedeuten. War ich bisher erstaunt, wie genau sich die Leute an ihre Zusagen gehalten haben, ist es damit nun vorbei. Beim Abendessen erklärt mir die völlig unmotivierte Bedienung, dass ich 20 Minuten auf mein Essen warten müsse. Daraus wurde über eine Stunde. Erst als ich aufstehe und erkläre, dass ich nicht länger warten will, kommt das Essen innerhalb von Minuten. Dasselbe am nächsten Morgen: Beim Einchecken hatte man mir gesagt, das Frühstück gebe es ab 07:00. In Anbetracht der langen Tagesstrecke stehe ich kurz nach sieben im Restaurant – dort erklärt man mir, es sei noch nichts bereit und es werde noch bis acht Uhr dauern. Gut zu wissen – so kann ich mich künftig besser auf die lokalen Gegebenheiten in Sachen Zeit einstellen.
Da ich im Restaurant wegen der ungenauen Zeitangaben kein Frühstück bekomme, plündere ich meine Notreserven. In Anbetracht der langen Schotterpistenpassage, die heute ansteht, muss ich darauf achten, dass ich genügend esse.
Um acht Uhr starte ich den Motor und brause vollgetankt aus der Ortschaft hinaus. Um diese Zeit ist es noch frisch – was okay ist, denn nach 30 Kilometern endet die Teerstraße und mündet in einen 160 km langen Dschungel-Highway. Das wird mit Sicherheit ein anstrengender Fahrtag. Mein Ziel ist es, heute Abend in Kigoma am Tanganyika-See anzukommen. Ob das klappt, wird sich zeigen – auf einer solch langen Schotterpiste kann allerhand dazwischenkommen. Deshalb habe ich mir unterwegs eine Unterkunftsmöglichkeit herausgesucht, falls ich nicht so vorankomme wie gedacht.
Der Beginn des Dschungel-Highways startet gleich mit einer Baustelle, die zurzeit jedoch nicht in Betrieb ist. Dafür ist unklar, wo es überhaupt entlanggeht. Ich bin deshalb froh, als mich ein lokaler Motorradfahrer überholt und ich ihm folgen kann.
Zuerst geht es auf einer von Wasserrinnen durchfurchten, schmalen Piste bergab, um danach steil den nächsten Hügel zu erklimmen. Anschließend das gleiche Spiel noch einmal. Die Piste ist dieses Mal gespickt mit Steinen, was die Fahrt recht ruppig macht. Ein entgegenkommender Bus passiert mich nicht rechts, sondern viel weiter links auf einer parallel verlaufenden Spur. Als ich den nächsten Hügel geschafft habe, bin ich nicht unglücklich, dass die Straße in eine „normale“ Dschungelpiste mündet. Solche Baustellen können echt mühsam sein – und bei Nässe wäre das eine echte Herausforderung geworden.
Nun wechseln sich Abschnitte mit fester, gut befahrbarer Piste und durchlöcherte, teils steile Anstiege ab, die manchmal mit Betonplatten ausgelegt sind, damit sie während der Regenzeit einigermaßen befahrbar bleiben.
Nach den ersten dreißig Kilometern lege ich eine erste größere Pause ein. Zum Glück gibt es hier keine Tsetsefliegen, die mir den Stopp vermiesen würden.
Nach weiteren 20 Kilometern Holperpiste wird der Belag plötzlich deutlich besser, und ich kann ausnahmsweise zügig fahren, ohne in irgendein Loch oder eine Sandansammlung zu geraten. So schmelzen die nächsten 30 Kilometer schneller dahin als gedacht.
Bald darauf lege ich eine zweite längere Pause bei einer Verpflegungsstation ein. Diese besteht aus mehreren Holzständen, an denen Essen und Getränke verkauft werden. Da diese Piste die einzige Verkehrsverbindung durch den Westen Tansanias ist, gibt es doch eine gewisse Regelmäßigkeit an Kundschaft für die lokale Bevölkerung.
Wieder unterwegs ändert sich die Pistenbeschaffenheit erneut. In den Fahrspuren hat sich grobes Wellblech gebildet, was das Fahren fast unmöglich macht. In der Mitte der Straße wäre es besser – wenn da nicht der viele Kies läge, den die schweren Lastwagen und Busse zusammengeschoben haben. Ich muss ständig aufpassen, nicht in die dicke Kiesschicht zu geraten, in der die Honda stark ins Schlingern gerät.
In den Kurven wird die Piste oft sandig, weil die LKW mit vollem Tempo durchpreschen und den Belag ständig aufwühlen. Daraus entstehen Sandrinnen. Dazu kommen die tiefen Löcher auf den Geraden, die sich mit dem losen Kies füllen. Erkenne ich diese zu spät und fahre hindurch, muss ich aufpassen, nicht zu stürzen. Alles in allem sind diese letzten 30 Kilometer des Dschungel-Highways die mühsamsten und anstrengendsten des Tages.
Nach sieben Stunden erreiche ich bei der Ortschaft Uvinza das Ende des Dschungel-Highways. Es ist jetzt 15:00 Uhr, und bis nach Kigoma sind es noch 100 Kilometer. Ich fühle mich noch fit genug und entscheide mich, weiterzufahren.
Auf den letzten 50 Kilometern werde ich vom eher eintönigen Teerstraßenfahren zunehmend müder und bin dann froh, als ich bei der von anderen Reisenden empfohlenen Unterkunft in Kigoma direkt am Tanganyika-See ankomme.
Ich bin noch nicht einmal vom Motorrad abgestiegen, da werde ich schon von einem Mitarbeiter begrüßt. Ich frage, ob sie ein freies Zimmer haben – er bejaht. Kurz darauf stehe ich im Zimmer mit Gartensitzplatz und uneingeschränkter Sicht auf den See. Das gefällt mir sehr, und ich frage nach dem Preis. Mit € 21,00 pro Nacht ist dieser günstig, liegt aber € 5,00 über dem Preis, den jemand vor drei Monaten bezahlt hat. Ich frage nach dem Grund für die Preissteigerung, worauf der Mitarbeiter antwortet, dass die Lebenshaltungskosten in Tansania ständig steigen und sie deshalb auch ihre Preise immer wieder anpassen müssen. Es wird wohl so sein – oder das Management wird langsam etwas gierig. An der Auslastung kann es jedenfalls nicht liegen, denn außer mir ist kein weiterer Gast da.
Ich buche mich für drei Nächte ein und sitze bald darauf im Strandrestaurant des Gasthauses, wo ich etwas zu essen bekomme. Es ist Sonntag, und einige einheimische Besucher sitzen ebenfalls im Lokal, was eine angenehme, unkomplizierte Stimmung erzeugt. Das gefällt mir – so bin ich nur einer von vielen Gästen und nicht im Mittelpunkt.
Nach dem Essen schlürfe ich meinen ersten Kaffee für heute und lasse mich vom Sonnenuntergang über dem Tanganyika-See verwöhnen. Dort, wo die Sonne untergeht, beginnt bereits die Demokratische Republik Kongo, auf deren Gebiet sich fast die gesamte gegenüberliegende Seefläche befindet. Auf dieser Seite gehört etwa 80 % des Sees zu Tansania und 20 % zu Burundi, wohin ich in ein paar Tagen weiterreisen werde.
Von Kigoma zur burundischen Grenze sind es weniger als 100 Kilometer. Dazwischen liegt der Nationalpark Gombe, bekannt für seine größere Population an Schimpansen. Der Park kann nur per Boot erreicht werden.
Leider zeigt sich erneut, dass die Preise für ausländische Touristen mittlerweile ins Maßlose gestiegen sind. Der Eintritt in den Nationalpark kostet pro 24 Stunden 108 Dollar. Die Bootsfahrt, die etwa anderthalb Stunden dauert, wird mit 100 Dollar pro Weg berechnet. Da wirken die Übernachtungskosten mit Vollpension für 46 Dollar fast schon wie ein Geschenk. Natürlich muss man zusätzlich auch für jede geführte zweistündige Tour zu den Schimpansen 25 Dollar bezahlen. Alles in allem kostet ein zweitägiger Ausflug in den Park über 400 Dollar. Im Verhältnis zu den Lebenshaltungskosten in Tansania ist das völlig unrealistisch, weshalb ich auch hier auf den Besuch verzichte.
Eine andere Sehenswürdigkeit liegt im Hafen von Kigoma: das alte Motorschiff Liemba, ein kombiniertes Passagier- und Frachtschiff, das bis 2018 auf dem Tanganyika-See verkehrte und nun im Hafen der Stadt vor sich hin rostet. Es wurde 1913 als Dampfschiff in Deutschland gebaut und nahm am Ersten Weltkrieg teil. Leider ist der Hafen als Militärgebiet deklariert, weshalb keine Fotos gemacht werden dürfen und nur eine Tour durch das Schiff mit den laut verschiedenen Informationen unmotivierten Kapitän möglich wäre. Viel zu sehen bekommt man dabei anscheinend nicht, da der Kapitän zu faul sei, um mit den wenigen Gästen auf dem Schiff herumzulaufen. Somit lasse ich auch diese Sehenswürdigkeit aus.
Was bleibt, sind zwei ruhige, entspannte Tage am wunderschönen Tanganyika-See, der nach dem Baikalsee der zweitgrößte Süßwassersee der Welt ist und mit 1’470 Metern Tiefe der zweittiefste See der Welt. Und wie die Bilder zeigen, ist diese Option im Verhältnis zu den Kosten die absolut beste Wahl.
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Track & POI meiner Route
Die GPX Datei enthält den Track und die POI der Strecke „Dschungel Highway zum Tanganyika See“

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