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Drakensberge

Drakensberge

02.03.2025 routen >> afrika hautnah

Das Wetter lässt zu wünschen übrig, weshalb ich erst am Nachmittag meinen Ausflug starte. Zuerst kurve ich zum nahen Wasserfall von Howick, der quasi mitten in der Stadt fast 120 Meter in die Tiefe stürzt. Wasser sollte mit all dem Regen der letzten Woche genügend vorhanden sein.

 

Beim bewachten Parkplatz stelle ich die Honda ab und binde meinen Helm mit dem Sicherheitskabel an der Enduro fest. Die Jacke nehme ich mit, da es nicht weit bis zur Aussichtsplattform ist.

 

Vorbei an Souvenir-Verkaufsständen höre ich schon das Rauschen des Wasserfalls. Obwohl es Sonntag ist, hat es wenige Besucher und ich kann mir auf der Aussichtsplattform den besten Platz für die Sicht auf den fotogenen Wasserfall aussuchen.

 

Viel mehr gibt es hier nicht zu sehen, weshalb ich nicht allzu lange bleibe und zurück zur Honda spaziere. Dem Parkplatz-Guard gebe ich die üblichen 5 Rand und brause davon zur Nelson Mandela Capture Site. Diese liegt einige Kilometer außerhalb der Ortschaft. Auch hier gibt es einen gesicherten Parkplatz, respektive kontrolliert der Sicherheitsdienst alle Besucher beim Hereinfahren. Wobei das nicht wirklich eine Kontrolle ist, sondern eher ein „Ich schaue, wer da kommt, und lasse alle durch, die nicht irgendwie auffallen.“ Und weil ein Motorrad auffällt, werde ich angehalten – dies aber auch nur, weil der Guard etwas über mein Motorrad wissen will und woher ich komme.

 

Auch hier hat es wenig Besucher, und die Frau am Ticketschalter spielt gelangweilt auf ihrem Handy herum. Sie erzählt mir dann trotzdem sehr zuvorkommend, wo ich was finde und wie der Rundgang verläuft.

 

Empfangen werde ich von der schwarzen Limousine, mit der Nelson Mandela damals als Chauffeur verkleidet am Steuer unterwegs war, als er von der Polizei angehalten und verhaftet wurde. Das anschließende Museum erzählt die ganze Geschichte von Nelson Mandela. Die Gestaltung entspricht mir leider nicht. Es ist zu überladen und mit zu viel Text versehen, der unübersichtlich und teils kaum leserlich auf der riesigen Vitrine verteilt ist.

 

Ich mache mich deshalb bald auf zur Skulptur, die einige hundert Meter entfernt in der grünen Landschaft steht. Der Weg dahin soll den Lebensweg Nelson Mandelas nachempfinden. Deshalb stehen am Rand alle paar Meter Tafeln mit den wichtigsten Abschnitten seines Lebens. Am Schluss stehe ich vor der Skulptur, die sein Gesicht darstellt. Jedoch ist dieses nur sichtbar, wenn man am richtigen Ort steht. Von der Hauptstraße aus ist die Skulptur auch zu sehen, jedoch ist von dort sein Gesicht nicht erkennbar.

 

Bevor ich wieder zurück in meine Unterkunft fahre, trinke ich noch etwas auf der Terrasse des kleinen Cafés. Es ist ziemlich schwül heute, und ein kaltes Wasser tut gut.

 

Beim Abendessen – der örtliche Supermarkt hatte einiges zu offerieren – überlege ich mir, wie ich die Drakensberge-Region am besten besuchen kann, respektive, was für mich möglich ist. Gerne würde ich die Wanderung zum Tugela-Wasserfall unternehmen. Der soll der höchste oder zumindest zweithöchste Wasserfall der Welt sein. Noch schöner ist jedoch die Region, in der er sich befindet. Er liegt im Royal Natal National Park an der Grenze zwischen Südafrika und Lesotho. Hier befindet sich auch das Amphitheater, eine 5 km lange, steil abfallende Felswand. Die Wanderung zum Wasserfall würde auch die Sicht auf das Amphitheater freigeben. Nur leider benötigt man dazu einen wolkenlosen Himmel, weil die Wanderung hinauf auf 3.000 Meter führt, wo allfällige Wolken schnell die Sicht versperren oder alles in Nebel hüllen. Und ein solcher wolkenfreier Tag ist für längere Zeit gemäß den Wetterprognosen nicht in Sicht.

 

Hinzu kommen die überhöhten Preise für die Unterkünfte bei den Ausgangspunkten der verschiedenen Wanderungen in die Drakensberge plus Gebühren für die Parkeintritte und Wandertickets. Ich entscheide mich deshalb, auf die Wanderung zu verzichten und stattdessen zum Golden Gate Highlands National Park zu fahren, der ebenfalls nahe der Grenze zu Lesotho liegt, jedoch weniger hoch ist und dadurch weniger durch das instabile Wetter tangiert wird.

 

Einige Kilometer vom Nationalpark entfernt liegt die Künstlerkleinstadt Clarens. Hier kann ich eine bezahlbare Unterkunft buchen und habe es nicht weit für den Besuch des Nationalparks.

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Wie gestern startet der Tag mit Regen. Ich frühstücke deshalb erst einmal in Ruhe und unterhalte mich nachher noch ein wenig mit meinem Gastgeber, der mir einen kurzen Abschiedsbesuch abstattet. Er kommt aus England und wohnt seit mehr als 12 Jahren in Südafrika. Er war schon als Kind oft hier, da seine Familie Wurzeln in Südafrika hat.

 

Als der Regen nachlässt, verabschiede ich mich und starte die Honda. Bis zur kleinen Ortschaft Nottingham Road fahre ich die gleiche Strecke zurück, die ich vor zwei Tagen hierher gefahren bin. Dabei ist mir auf halber Strecke ein alter Bahnhof aufgefallen, der jetzt eine Kunstgalerie und ein Restaurant beinhaltet. Jetzt lege ich einen kurzen Stopp ein. Leider ist um diese Zeit aber noch alles geschlossen. Nun gut, ein kultiges Foto gibt es trotzdem.

 

In Nottingham Road angekommen, fülle ich den Honda-Tank und kaufe etwas Wasser im Shop für unterwegs. Das Wetter wird langsam besser und teilweise drückt etwas die Sonne durch die trüben Wolken. Meine Route verläuft durch riesiges Landwirtschaftsgebiet mit entsprechend grossen Farmen. Dazwischen passiere ich einige Ortschaften, die von der lokalen Zulu-Bevölkerung geprägt sind. Einige kleine Ortschaften sind hingegen stark durch die weißen Siedler geprägt. Der Unterschied ist leicht erkennbar. Entweder voll mit Menschen, die herumlaufen oder im Schatten sitzen und überall hat es nebst den Geschäften irgendwelche Verkaufsstände oder geordnete Baumalleen entlang der Dorfstrasse mit weissen Häuschen links und rechts und einem ruhigen Dorfkern. Winterton ist eine dieser ruhigen Siedlungen und hier finde ich sogar ein kleines Café, wo ich einen leckeren Cappuccino zu meiner Fahrpause bekomme.

 

50 km später schlängelt sich die Straße langsam den Oliviershoek Pass hinauf. Etwa in der Hälfte komme ich an einer Tankstelle und einem Hotel vorbei mit dem Namen Little Switzerland. Bei meinem kurzen Fotostopp biegt ein riesiger Touristenbus von der Passhöhe herkommend in die Einfahrt ein und bekommt beim Security Gate Einlass. Neue Gäste kommen.

 

Oben auf der Passhöhe gibt es einen Aussichtspunkt, der mir die Sicht zurück auf meine Strecke freigibt. Ein Souvenirverkäufer hat seine Afrikatierchen fein säuberlich aufgestellt. Er selbst ist jedoch weit und breit nicht zu sehen, noch taucht er auf in der Zeit, in der ich die Aussicht genieße. Er scheint in dem Fall keine schlechten Erfahrungen mit Langfingern gemacht zu haben, dass er einfach alles hier für so lange Zeit stehen lässt.

Zurück auf der Straße folgt die Route dem Sterkfontein-Stausee und bietet mir links und rechts tolle Ausblicke in die Landschaft der Drakensberge. Am Ende des großen Stausees verläuft meine Strecke nach links entlang der für mich kaum aussprechbaren Ortschaft Phuthaditjhaba. Hier leben an die 50.000 Menschen, was den Ort auf der Karte riesig erscheinen lässt, da alle in kleinen Häuschen wohnen. Für die Wanderung zum Tugela-Wasserfall müsste ich durch diesen Ort hindurchfahren und danach hoch zur höchstgelegenen Lodge in Südafrika auf über 2.000 Meter, die der Ausgangspunkt für die Wanderung wäre. Jetzt bin ich aber ganz froh, dass ich den Ort nur am Rand streife und danach schon in das Gebiet des Golden Gate Highland Nationalparks eintauche. Prägend für den Nationalpark sind die farbigen Felsen, die trotz der wieder aufziehenden Regenwolken schon kurz darauf leuchtend daherkommen.

 

Die Straße führt mitten durch den Nationalpark hindurch. Früher musste man hierfür Eintritt bezahlen. Heute ist die Durchfahrt kostenlos, respektive muss man nur Eintritt bezahlen, wenn man eine der Wanderungen unternehmen will. Für mich super und so bekomme ich gleich einen ersten Eindruck davon, was mich morgen beim Besuch des Parks erwartet.

 

Clarens entpuppt sich als kleine, grüne Ortschaft. Jedes zweite Haus ist entweder ein Guesthouse, ein Restaurant oder eine Kunstgalerie. Lediglich die Hauptstraße durch den Ort ist geteert. Alle anderen Querstraßen sind naturbelassen. Meine Unterkunft liegt am Rand einer dieser Querstraßen und ich bekomme ein tolles Zimmer mit Balkon ins Grüne. Während der Regenzeit zu reisen hat Vor- und Nachteile. Einer der Vorteile ist, dass es touristisch zur Nebensaison zählt, wodurch ich bis jetzt überall großartige Unterkünfte zu günstigen Preisen bekommen habe.

 

Den Tag schließe ich mit einer feinen Gemüselasagne im portugiesischen Restaurant ab, das mir meine Gastgeberin empfohlen hat.

Uh, die Sonne scheint wieder einmal wolkenlos vom Himmel und ich kann draußen auf meinem Balkon frühstücken. Wie schon in anderen Unterkünften wird hier ebenfalls das Frühstück auf das Zimmer gebracht. Ein Service, der sich in verschiedenen Guesthouses eingebürgert hat.

 

Zum Nationalpark sind es 20 km und die Straße ist geteert mit wenig Verkehr. Ich verzichte deshalb für einmal auf meine Motorradausrüstung und fahre in normalen Hosen und Schuhen. Den Helm kann ich gut am Motorrad mit meinem Kabelschloss befestigen, wenn ich auf die Wanderungen gehe.

 

Eine halbe Stunde später parke ich vor dem Ranger-Büro des Nationalparks und werde sogleich von einem älteren Ehepaar angesprochen, das im Auto auf dem Parkplatz neben mir sitzt. Sie steigen beide aus, und er fängt ein Gespräch mit mir an, während sie ins Ranger-Büro geht. Er will wissen, woher und wohin ich fahre, und erzählt mir dann, dass er selbst ebenfalls gerne Motorrad fahren würde, ihm seine Familie das aber verbiete. Kann ich etwas nachvollziehen, weil er gemäß eigener Aussage schon 75 Jahre alt ist und auf mich nicht mehr den fittesten Eindruck macht. Danach fragt er mich, ob ich Itchy Boots kenne, und erzählt mir, wie gerne sie beide die Videos von ihr schauen. Einmal mehr stelle ich fest, dass Itchy Boots in Südafrika eine große Fangemeinschaft hat, die öfter in einem Alter ist, wo das Motorradreisen nicht mehr so aktuell ist.

 

Wir reden noch eine Weile weiter, bis ich mich verabschiede, weil ich eigentlich gerne das Ticket für den Nationalpark kaufen und loslaufen möchte. Mit €11,00 ist das Eintrittsgeld noch human, wobei ich wie üblich das Vierfache zahlen muss im Vergleich zu den Einheimischen.

 

Die Wanderwege starten gleich über der Straße und führen durch den Campingplatz hindurch. Ich habe mir drei Kurzwanderungen herausgesucht, die mich aus meiner Sicht zu den interessantesten Punkten im Park bringen. Der erste ist hoch oben auf einem Felsen, von wo ich eine schöne Aussicht auf den Nationalpark erhalten sollte. Wie schon in Cederberge geht es alsbald über Stock und Stein und ziemlich steil hinauf. Wer hier nicht trittsicher ist, hat keine Chance, auf diesen Wegen irgendeine Wanderung zu unternehmen.

 

Kurz bevor ich das Plateau auf dem Felsen erreiche, geht es so steil hinauf, dass ich entweder auf allen Vieren hochklettern oder mich an der seitlich befestigten Kette hochziehe. Oben angekommen, hat sich die Mühe gelohnt und ich bekomme eine schöne Sicht auf die farbigen Felsen und die Umgebung.

 

Anschließend heißt es, den gleichen Weg wieder herunterzuklettern, um danach erneut hochzulaufen zur Echo Ravine-Schlucht. Auch für diesen Weg muss man mindestens gut zu Fuß unterwegs sein, damit man problemlos auf dem steinigen Pfad in die kleine Schlucht hineinkommt. Wunderschön, was die Natur hier geschaffen hat.

 

Die dritte und letzte Kurzwanderung bringt mich, nachdem ich wieder heruntergelaufen bin, an den Fuß des Mushroom Rocks, der aus meiner Sicht jedoch vom Aussichtspunkt auf der Straße besser sichtbar ist.

 

Gute drei Stunden später bin ich wieder bei der Honda und genehmige mir zuerst ein kaltes Wasser vom kleinen Shop im Ranger Gebäude. Als Nächstes möchte ich die zwei kurzen Loops fahren, die links und rechts in den Park hineinführen. Mehr als ein paar schöne Aussichten auf die Landschaft bekomme ich hier jedoch nicht zu sehen. Von eventuellen Zebras und Antilopen ist weit und breit nichts zu sehen. Und vom Aussichtspunkt für die hier lebenden Greifvögel würde ich ein Fernglas benötigen, um diese beobachten zu können.

 

Am späten Nachmittag bin ich zurück in meiner Unterkunft und lasse den Tag geruhsam ausklingen.

Ich bleibe einen weiteren Tag in Clarens. Nach einem weiteren leckeren Frühstück auf dem Balkon mache ich mich ein wenig auf Erkundungstour durch die kleine Ortschaft. Dabei treffe ich als Erstes auf meine Gastgeberin, die beim zweiten Haus ihrer Guesthouse-Anlage vor der Tür steht. Wir plaudern ein wenig. Dabei erfahre ich ein paar Eckdaten über Clarens. Der Ortsname bezieht sich auf die gleichnamige Ortschaft in der französischen Schweiz, wobei bei uns Clarens ein kleiner Vorort von Montreux ist. 1904 verstarb dort der südafrikanische Politiker Paul Kruger im Exil. Er war unter anderem der Gründer des Kruger-Nationalparks. Diese Infos hat mir jedoch weder die Gastgeberin so gesagt, noch wusste ich es. Das Internet hat da weitergeholfen.

 

Des Weiteren erzählt sie mir, dass es im Winter nachts problemlos bis minus 10 Grad kalt, im Golden Gate Highland Nationalpark sogar bis minus 15 Grad. Tagsüber, sofern die Sonne scheint, klettert das Thermometer auf angenehme 15–20 Grad. Kein Wunder, sind hier alle Gästebetten mit einer Heizdecke ausgestattet. Die Häuser als solche haben weder eine Heizung noch sind sie besonders isoliert.

 

Anschließend durchstreife ich ein wenig die Ortschaft. Am Wochenende steigt hier ein riesiges Bierfest, das von der örtlichen Brauerei jährlich organisiert wird. Alle Unterkünfte sind auf ein Jahr hinaus ausgebucht für diesen Event. Jetzt, drei Tage vorher, ist von diesem Fest überhaupt nichts zu spüren. Viele Geschäfte und Restaurants sind geschlossen – zu viel Arbeiten ist schließlich ungesund – und bei den anderen sitzen die Angestellten etwas gelangweilt auf den Veranden herum. In einem der Cafés bestelle ich mir als einziger Gast einen Cappuccino und setze mich ebenfalls auf die Veranda. Was für ein geruhsamer Ort.

 

Nach meinem Besuch im Supermarkt und der Bäckerei daneben begebe ich mich wieder in meine Unterkunft und plane meine Route für die nächsten Tage. Ich bin etwas schneller unterwegs als angedacht und brauche für die restlichen Abschnitte, die ich besuchen möchte, nicht mehr so viel Zeit. Deshalb entscheide ich mich nach reiflicher Überlegung, meine erste Reisepause etwas früher einzulegen als geplant. Ich verschiebe deshalb meinen Flug von Johannesburg nach Zürich vom 4. April auf den 13. März 2025. Dafür werde ich vermutlich etwas früher als anfangs Juni meine Reise fortsetzen. Wie dies genau aussehen wird, werde ich zu Hause entscheiden.

 

Über Facebook hat mich vor meiner Reise ein südafrikanischer Motorradfahrer angeschrieben, der in Pretoria wohnt und mit seinem Freund zusammen zwei größere Facebook-Gruppen unterhält und Motorradtouren organisiert. Er hat mir geschrieben, dass ich ihm Bescheid geben soll, wenn ich in die Nähe komme, damit wir uns treffen können. Das mache ich jetzt und bekomme innerhalb einer Stunde seine Antwort. Er bietet mir an, dass ich mein Motorrad bei ihm für meine Reisepause unterstellen kann, dass er mir einen guten Mechaniker und Shop für den fälligen Öl- und Reifenwechsel vermitteln kann und dass er für mich einen Transport zum und vom Flughafen organisieren wird. Das ist viel mehr, als ich mir erhofft habe, worüber ich mich sehr freue.

Mein nächstes Ziel, St. Lucia, liegt in der entgegengesetzten Richtung am Meer. Ich fahre deshalb die nächsten zwei Tage wieder die Strecke zurück, die ich vor zwei Tagen hierher gefahren bin. Anders ließ sich das leider nicht einrichten, weil ich sonst in Lesotho die Roof of Africa Road und den Sani Pass nicht hätte befahren können. Zudem fahre ich nicht die gleiche Strecke, sondern suche mir eine kurvenreiche Route mitten durch die KwaZulu-Natal-Region aus.

 

Die ersten 100 Kilometer fahre ich auf derselben Strecke zurück, wodurch ich nochmals durch den Golden Gate Highlands National Park fahre. Beim Stausee Sterkfontein biege ich jedoch diesmal nicht ab, sondern fahre weiter bis nach Harrismith. Hier bleibt mir nichts anderes übrig, als für 30 Kilometer auf der mautpflichtigen Autobahn zu fahren. Mal schauen, wie das hier mit der Bezahlung geregelt wird. Die Autobahn verläuft hinauf zum Van Reenen’s Pass, wo ich die Schnellstraße wieder verlassen will.

 

Von einer Mautstelle ist auf der ganzen Strecke nichts zu sehen und es führen etliche Straßen von der Autobahn herunter und hinauf. Ich gehe davon aus, dass die Mautgebühr über eine Vignette wie bei uns bezahlt wird. Die habe ich zwar nicht, jedoch ist die Polizei bisher nicht durch Kontrollen irgendwelcher Art aufgefallen. Auf der Passhöhe biege ich auf ein Sträßchen ab, wo die kleinste Kirche Südafrikas steht. Daneben gibt es einen Shop mit einem kleinen Café. Hier lege ich eine Pause ein.

 

Wieder im Honda Sattel überquere ich die Autobahn und komme alsbald auf eine Schotterpiste, die mich auf eine Verbindungsstraße zum De Beers Pass bringt. Die Piste ist gut im Schuss, abgesehen von der fast schon obligatorischen Wasserdurchfahrt, die steinig und mit viel Wasser daherkommt.

 

Dafür werde ich landschaftlich belohnt. Vor allem auf der Passhöhe des De Beers Pass erhalte ich eine großartige Fernsicht ins Grüne KwaZulu-Natal. Ab der Passhöhe ist die Straße wieder asphaltiert, und ich gelange auf einer kurvenreichen Strecke nach Ladysmith, einer größeren Industriestadt. Ab hier fahre ich auf einer verkehrsreichen, mit Baustellen übersäten Hauptverkehrsachse weiter, bis ich schließlich wieder auf eine ruhigere Landstraße wechseln kann. Auf dieser erreiche ich am späten Nachmittag meine heutige Unterkunft, die allein auf einer Parzelle außerhalb einer kleinen Ortschaft liegt.

 

Von der Gastgeberin erfahre ich, dass vor zwei Wochen zwei Motorradreisende aus Amerika hier übernachtet haben. Sie wusste sogar noch ihre Namen. Und da die Motorradreisewelt klein ist, kenne ich die beiden. Es ist das Paar, das ich in Kapstadt getroffen habe.

Die Nacht verläuft etwas unruhig. Einmal wird der ganze Platz um das Guesthouse herum durch ein helles Flutlicht erleuchtet – vermutlich, um Einbrecher fernzuhalten. Die Nachtvorhänge sind aber nicht so dicht, dass sie das grelle Licht vollständig absorbieren können. Auf der Suche nach der Gastgeberin stelle ich fest, dass außer mir niemand mehr im Guesthouse ist. Sie scheint im angrenzenden Dorf zu wohnen. Und dann beginnt es irgendwann auch noch stark zu regnen, was mich ebenfalls nicht tief schlafen lässt.

 

Beim Frühstück ist das Wetter immer noch trüb, und die Wettervorhersagen entlocken mir auch keine Freudensprünge. Die Gastgeberin ist weiterhin nicht zu sehen, aber ein Mitarbeiter versorgt mich mit einem feinen Frühstück.

 

Die Region ist bekannt für ihre historischen Kriegsschauplätze zwischen Engländern, Buren und Zulus. Eine davon wäre rein optisch interessant, weil dort eine Wagenburg aus 64 Wagen nachgebildet wurde. Die Zufahrt verläuft jedoch über eine längere Schotterpiste. Nur animiert mich das miesen Wetter nicht gerade, diese zu besuchen. Ich lasse sie deshalb aus und düse in Richtung Meer los, das jedoch noch knapp 300 km entfernt liegt.

 

Fast alle Ortschaften, die ich durchquere, sind von der Zulu-Bevölkerung geprägt. Kaum werden die Motorengeräusche meiner Honda wahrgenommen, drehen sich die Menschen auf der Straße um. Es scheint, dass hier nicht viele Motorradreisende vorbeikommen.

 

In der größeren Ortschaft Nquthu brauche ich Benzinnachschub. Auch hier falle ich ziemlich auf und werde von unzähligen Menschen an der Tankstelle gegrüßt, kurz angesprochen oder einfach neugierig beobachtet.

 

Das Wetter spielt zum Glück einigermaßen mit, und ich werde lediglich bei kürzeren Abschnitten mit Wasser von oben beworfen. So kommt wenigstens für einmal meine Regenjacke zum Einsatz.

 

Fototechnisch gibt die Strecke nicht so viel her. Es geht zwar rauf und runter und sogar über einen weiteren Pass mit dem Namen Havemannshoogte, jedoch verläuft die Strecke oft durch Waldschneisen hindurch, die von aufgeforsteten Wäldern gesäumt sind. Die Bäume stehen alle in Reih und Glied, was den Wald bizarr aussehen lässt – zumal es sich um riesige Abschnitte handelt.

 

In der Nähe von Richards Bay, das bereits an der Küste liegt, treffe ich auf die Hauptverkehrsader N2. Dieser muss ich die nächsten 50 km folgen, bis die Abzweigung nach St. Lucia kommt.

 

St. Lucia ist ein kleiner Ort, der direkt am iSimangaliso Wetland Park liegt, der zum UNESCO-Welterbe gehört. Die Ortschaft ist eingeklemmt zwischen dem Zubringerfluss des St. Lucia Sees und dem Meer. In diesem Fluss leben viele Flusspferde und Krokodile. Vor allem die Flusspferde kommen nachts, wenn es in der Ortschaft ruhig wird, aus dem Wasser und lassen sich das Gras in den Gärten schmecken. Dazu gesellen sich Affen, Warzenschweine und, wenn man den Berichten Glauben schenkt, ganz selten auch mal ein Krokodil.

 

Der kleine Ort liegt mitten im Dschungel und besteht aus einer Dorfstraße mit einigen Restaurants und Läden sowie etlichen kleinen Straßen mit großen Häusern, die mehrheitlich als Guesthouses genutzt werden.

 

Meine Unterkunft für die nächsten drei Nächte finde ich ohne Probleme und mache mich bald darauf zu Fuß auf den Weg zur belebteren Dorfstraße, um etwas essen zu gehen. Dabei werde ich als Erstes gleich mit einer Gefahrentafel begrüßt, die darauf hinweist, dass es hier Hippos gibt. Das kann lustig werden.

Den iSimangaliso Wetland Park darf ich leider mit dem Motorrad nicht befahren. Einer der wenigen Nachteile, wenn ich mit einem Motorrad durch Afrika reise. In fast allen Nationalparks sind Motorräder verboten.

 

Einen sogenannten Game Drive will ich auch nicht buchen, weil die viel zu teuer sind. Ich entschliesse mich deshalb eine zweistündige Bootstour auf dem Fluss zu unternehmen, wo man einige der Hippos zu Gesicht bekommen sollte und für einen Sparziergang durch den angrenzenden Dschungel inklusive des Strands, der hier ziemlich unberührt und wild sein soll.

 

Die zweistündige Bootstour habe ich auf 16.30 gebucht. Dann sind die Temperatur und die doch recht hohe Luftfeuchtigkeit etwas angenehmer. Zum Steg sind es 1,5 Km, die ich vermutlich als Einziger zu Fuss zurücklege. Obwohl ich mein Lauftempo den Klimagegebenheiten anpasse, bringt mich die hohe Luftfeuchtigkeit ziemlich ins Schwitzen.

 

Beim Bootssteg stelle ich fest, dass ich auf einem Boot mit 13 anderen Teilnehmenden bin, die alle zu einer Reisegruppe aus Deutschland gehören. Nun gut, sollten wir sinken, haben die Krokodile eine Ladung Fleisch aus Europa zu Futtern. Natürlich sind wir nicht die Einzigen auf dem Fluss unterwegs und so kommt es, dass bei den Hipposichtungen immer an die vier Boote um die Tiere herumkurven. Da werde ich wieder einmal selbstkritisch und frage mich, wieso ich auf eine solche Tour gehe, die in ein Gebiet geht, das keine Besucherbegrenzung kennt, die zum Wohle der Tiere dient.

 

Tags darauf plane ich früher zu frühstücken, damit ich bei angenehmeren Temperaturen auf den längeren Spaziergang zum Strand und durch den Dschungel aufbrechen kann. Irgendwie habe ich jedoch die Frühstückszeiten meine Guesthouse falsch verstanden oder weil so wenig Gäste da sind, haben die Inhaber einfach die Zeit auf 07.30 Uhr verschoben, anstatt den von mir erwarteten 06.30 Uhr. Mit leerem Magen für drei Stunden loszumarschieren, habe ich dann auch keine Lust und somit startet meine Tour erst kurz nach 08.00 Uhr. Der erste Teil durch den Dschungel muss ich abbrechen, weil der anfangs gut markierte Weg sich irgendwann im Dickicht verläuft und es keine andere Möglichkeit gibt, weiterzukommen. So laufe ich eben alles wieder zurück und schlage den direktesten Weg zum Strand ein. Dieser ist jedoch auf einem Abschnitt von mehreren Kilometern nur über drei Zugänge erreichbar. Als ich dann endlich am Meer stehe, ist der Strand zwar kaum besucht und wie beschrieben, ziemlich wild. Es hat viele Wellen und überall liegt Schwemmholz herum. Jedoch hat es auch viel Müll, dass von den Wellen oder den Besuchern stammt. Muscheln oder andere interessante Dinge aus dem Meer finde ich keine, was für einen wilden Strand doch selten ist.

 

Nach einigen Kilometern erreiche ich den letzten möglichen Ausstieg vom Strand und lande auf einem Holzsteg, der durch den Dschungel in Richtung Ortschaft führt. Überall hat es kleine Tümpel, die von kleinen Krabben besiedelt sind, die in alle Himmelsrichtungen fliehen, wenn ich ihnen näherkomme. Ein paar Affen bekomme ich ebenfalls zu Gesicht und ein grosses Schneckenhaus, dass leider nicht mehr bewohnt ist.

 

Apropos Affen. Die Inhaber meines Guesthouses haben mich gleich bei der Ankunft gewarnt, dass ich keine Fenster offenlassen solle, wenn ich das Zimmer verlasse. Ansonsten kommen die Affen ins Zimmer und stellen alles auf den Kopf. Gestern bekam ich davon nur eine kurze Kostprobe, als eine ganze Affenfamilie bei den Bäumen neben dem Guesthouse und auf dem Dach herumgeturnt sind. Das hat einen Riesenkrach im Haus gemacht und etliche Affen sind immer wieder an meinem Fenster vorbeigeflitzt.

 

Zu viel mehr reicht meine heutige Energie nicht, weil die Luftfeuchtigkeit mich auslaugt und so verbringe ich den Nachmittag beim Relaxen in meiner Unterkunft. Leider hat mich dann heute Abend meine Partnerin angerufen mit der traurigen Nachricht, dass ihr Vater gestorben ist. Seit einer Woche wurde er täglich schwächer und konnte heute gehen. Ruhe in Frieden, lieber Marcel.

Route und Downloads

Track & POI meiner Route

Die GPX Datei enthält den Track und die POI der Strecke „Drakensberge“

Picture of Christian Feustle
Christian Feustle

Autor und Inhaber der Marke Motoglobe

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