Bergige Schleifen durch Albanien
Heute beginne ich den Tag mit einem ruhigen Frühstück. Es ist dunstig, und die Landschaft bleibt vorerst in einem grauen Schleier verborgen. Der Besitzer meiner Unterkunft lädt mich auf einen Kaffee ein und erzählt mir von seinen Finanzen und dem Druck, genug Geld zu verdienen, besonders außerhalb der Hochsaison. Er berichtet auch, dass er regelmäßig Tanzabende für Touristen aus Serbien organisiert, bei denen traditionelle Volkstänze im Mittelpunkt stehen.
Nach dem Kaffee mache ich mich auf den Weg, tanke noch einmal auf und fahre weiter entlang des Ohridsees. Die Strecke bietet einige schöne Ausblicke, und ich halte kurz bei der Pfahlbausiedlung „Bucht der Knochen“. Funde menschliches Leben reichen in dieser Region bis in die Jungsteinzeit zurück.
Danach geht es in Richtung Nationalpark Galicica, wo ich eine Gebühr für den Eintritt entrichten muss. Die Straße führt in engen Serpentinen den Berg hinauf, und obwohl es immer noch dunstig ist, gibt es großartige Ausblicke auf den Ohridsee.
Oben angekommen, treffe ich auf zwei Motorradfahrer aus Polen, doch die Sprachbarriere verhindert ein längeres Gespräch. Anschließend geht es in den Nationalpark hinunter zum Prespasee und zur Grenze nach Albanien. Der Grenzübergang verläuft schnell, da nur das polnische Bikerpaar und ich dort sind.
Die weitere Strecke führt oberhalb des Prespasees entlang, mit schönen Aussichten auf den See und die umliegenden Hügel. In Korça lege ich eine Pause am alten Basar ein, der heute hauptsächliche aus Cafés und Restaurant besteht.
Wieder unterwegs rolle ich auf einer neu erbauten Strasse, die auf meiner OSM-Karte nicht verzeichnet ist. Nach einer Weile vereinen sich die neue und alte Strasse und ab dann ist für dich nächsten 20 Kilometer Löcherpiste angesagt. Dazu gesellt sich ein Gewitter, welches mir eine kräftige Dusche verpasst. Fast gleichzeitig enden die Löcherpiste und das Gewitter. Eine neuer Teerbelag lässt meine Stollenreifen summen und die Sonne trocknet meine nassen Klamotten. Die Strecke verläuft rauf und runter mit wenig Verkehr. Irgendwann tauchen vor mir die ersten Fahrradtouristen auf, die verteilt in kleineren Gruppen unterwegs sind. Ohne Gepäck und mit Elektroantrieb rauschen sie teilweise im hohen Tempo dahin. Dazwischen überhole ich den Gepäck- und Supportlieferwagen der Gruppe. Es dauert aber nicht lange, da folgt schon die nächste Gruppe. Das scheint populär zu sein.
Bei Leskovic biege ich ab und fahre auf einer Straße weiter, deren Belag kaum noch vorhanden ist, hinunter in ein Tal. Nach einer Serpentine taucht plötzlich ein großer Camper auf, der mit eingeschalteter Warnblinkanlage auf der Strasse steht. Ich kann ihn seitlich passieren und sehe ein Paar, das gerade auf den Camper zugeht. Kurz halte ich an und frage, ob alles in Ordnung sei. Sie nicken und erklären, dass sie für den Motorradfahrer, der weiter unten steht und Fotos macht, einige Bilder aufgenommen haben. Ich hatte eher an eine Panne gedacht, da die Straße für einen Camper wirklich ungeeignet ist als ein Stopp für eine Fotoshooting.
Der Motorradfahrer ist so beschäftigt mit Fotos von der Landschaft zu machen, dass ich langsam vorbeirolle und ihm zuwinke. Als ich weiter unten ebenfalls für eine Foto anhalte und noch etwas die Beine vertrete, rollt der Motorradfahrer daher und hält an. Er kommt aus Norwegen und kurvt für zwei Wochen im Balkan herum. Sein Motorrad hat er bei einem Freund in Slowenien abgestellt, wodurch er einige solcher Tripps in dieser Region unternehmen kann. Während wir uns unterhalten, rollt der Camper langsam daher. Er scheint immer noch ganz zu sein.
Bis zu meiner Unterkunft in Permet ist es nicht mehr weit und so lege ich noch einen Stopp bei einer heruntergekommenen Fußgängerhängebrücke ein, die über den Aoos Fluss führt. Erneutes Donnergrollen lassen mich dann weiterfahren.
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Ich starte meine Fahrt von Permet aus auf die Schleife durch den Nationalpark Hotova-Dangell. Durch den Park führt eine Schotterpiste, die als Rundweg etwa 60 Kilometer lang ist. In einem Jeep Forum habe ich gelesen, dass die Strecke anspruchsvoll sein soll, aber gleichzeitig durch eine atemberaubende Landschaft führt. Das möchte ich mir auf keinen Fall entgehen lassen, obwohl die Strecke herausfordernd klingt.
Zunächst geht es auf einer asphaltierten Straße ins Tal hinein, bis ich den Lengarica-Canyon erreiche, wo die Piste beginnt. Der Canyon ist bei Sportkletterern bekannt, und entsprechend gibt es hier zwei große Campingplätze. Die Piste verläuft anfangs noch recht angenehm entlang des Lengarica-Flusses und ist bis zum nahegelegenen Kraftwerk, wo ich eine kleine Brücke überquere, gut befahrbar.
Danach wird die Strecke ruppiger und steiler. Als ich eine abgelegene Siedlung passiere, wo niemand zu wohnen scheint, wird die Strecke immer anspruchsvoller. Immer wieder passiere ich Abschnitte, die durch Erd- oder Felsrutsche verschüttet wurden und nur notdürftig reparier sind. Kein Wunder, hier fährt ja auch kaum jemand durch. Die nächsten 30 Kilometer fordern deshalb meine volle Konzentration. Hinzu kommt, dass die Piste teils ungesichert an steilen Hängen entlangführt. Damit ich trotzdem die schöne Berglandschaft bestaunen kann, lege ich viele Pausen ein.
Schließlich erreiche ich kurz vor der Siedlung Frasher, welche der Ausgangspunkt für Wanderungen in den Nationalpark ist, eine grössere Andachtsstätte. Im Gegensatz zu den vorherigen Kilometern ist hier richtig viel los: unzählige 4×4-Jeeps und sogar ein Polizist stehen links und rechts der Piste. Es scheint ein beliebter Ort zu sein. Ab hier wird die Piste einfacher, und kurz darauf erreiche ich die kleine Ortschaft Frasher.
Von nun an ist die Schotterpiste deutlich besser in Schuss, und ich fahre die nächsten 20 Kilometer entspannter bis zur Abzweigung auf die Verkehrsachse, die mich weiter zum Osumi-Canyon führt. Laut Karte ist dies eine offizielle Straße, doch sie ist nichts weiter als eine stark ausgewaschene Schotterpiste mit steinigen Passagen. Wie man hier mit einem normalen Auto durchkommt, bleibt mir ein Rätsel.
Bei einer Pause rollt eine große BMW-Maschine auf mich zu. Der Fahrer, ein Italiener, hält an und ist offensichtlich froh über die Pause. Er berichtet, dass er von den schlechten Straßenverhältnissen in Albanien überrascht ist und keine große Schottererfahrung hat. Seine schwere Maschine bringt ihn an seine Grenzen. Ich muntere ihn auf und sage, dass es nur noch etwa 15 Kilometer bis zur Teerstraße nach Permet sind.
Wenig später kommt mir eine Enduro entgegen, doch der Fahrer zeigt keinerlei Interesse, anzuhalten. Ich hingegen mache einen kurzen Stopp bei einem kleinen Restaurant, wo ich mich mit einigen Tschechen unterhalte. Einer davon ist mit dem Motorrad unterwegs das Paar mit einem Jeep. Sie sind erstaunt, als ich erwähne, dass ich zwei Monate lang auf dem Balkan unterwegs bin – für sie unvorstellbar, da sie nur ihre normalen Ferien hier verbringen.
Die letzten Kilometer zum Osumi-Canyon sind wieder asphaltiert. Ich halte an einem der Aussichtspunkte an und bestaune den Canyon von oben. Der Parkplatz, von dem aus man zu Fuß in den Canyon hinabsteigen kann, ist gut besucht. Ich fahre verzichte auf eine erneute Wanderung mit meinen Enduro Stiefel und checke bald darauf in meiner Unterkunft im nur wenige Kilometer entfernten Dorf Corovoda ein. Den Tag lasse ich entspannt auf der Terrasse des kleinen familiengeführten Hotels ausklingen.
Heute steht eine weitere Runde durch die Bergwelt Albaniens an. Mein Ziel: eine Schleife, die mich von Corovoda über eine Bergkette hinunter ins Tal nach Gjerbës und anschließend hinauf zum imposanten Berg Tomorr führt, dessen Gipfel auf 2.413 Metern liegt. Von dort soll es eine spektakuläre Aussicht über die albanische Berglandschaft geben.
Gleich am Ortsausgang von Corovoda beginnt die Schotterpiste, die sich in einem erstaunlich guten Zustand befindet. Die Strecke steigt kontinuierlich an. Dabei passiere ich eine erste Mine. Umgeben von beeindruckender Natur, geht es vorbei an kleinen Siedlungen immer weiter hinauf. Nach einer Kurve erschein vor mir eine grosse Staubwolke. Das muss wohl ein grösseres Fahrzeug sein. Ich halte am Strassenrand und warte. Aus der Staubwolke schält sich ein Landwagen heraus, der mit riesigen Steinen beladen. Da muss wohl weiter oben ein Steinbruch sein. Diese durchquer ich, ich oben auf der Bergkette angekommen bin. Da wird im grossen Stil abgebaut.
Nachdem ich den Steinbruch passiert haben, bietet sich mir eine fantastische Aussicht auf das Tal mit dem Nebenarm des Devoll-Flusses. Die Piste führt ab hier über mehrere Kilometer dem Berg entlang immer mit Blick auf das weit unten liegende Flusstal. Auf dieser Strecke komme ich auf einem weiteren Steinbruch vorbei.
Danach führt die Piste auf steilen, teils steinigen Serpentinen hinunter nach Gjerbës. Der Dorfplatz ist mit Steinplatten ausgelegt und von Restaurants und zwei Hotels gesäumt. Ich staune über diese unerwartete Entdeckung und halte an, um mir einen Kaffee zu gönnen. Eine der Wirtin hat mir bereits freundlich zugewunken, als ich anrollte, und ihr Mann spricht ein paar Worte Englisch. Das Café ist mit Aufklebern von Motorrad- und Jeep Reisenden übersät – kein Wunder, denn die TET (Trans Euro Trail) führt hier vorbei und bringt dem Dorf ein kleines, aber regelmäßiges Einkommen. Nachdem ich das Dorf hinter mir lasse, steigt die Piste wieder an. Zwischendurch stoße ich auf eine Passage, die von einem Felssturz verschüttet wurde. Zwar wurde die Strecke notdürftig repariert, doch sie bleibt weiterhin eine Herausforderung. Kurz vor der Abzweigung zum Berg Tomorr, in der Siedlung Ujanik, ändert sich überraschend der Straßenbelag: neuer Asphalt! Die frisch geteerte Straße scheint Teil eines Großprojekts zu sein, denn wie ich etwas später sehe, wird eine riesige Andachtsstätte gebaut – mit hunderten Parkplätzen. Natürlich braucht es dafür eine ordentliche Straße.
Die Schotterpiste hinauf zum Gipfel des Berges ist ebenfalls gut in Schuss, aber mit einer Steigung von bis zu 12 % fordert sie meiner Honda einiges ab. Doch die Aussicht auf dem Weg nach oben ist spektakulär: der Weg führt direkt über den Bergrücken und bietet unzählige Panoramen. Leider zieht oben dichter Nebel auf, der sich aber zum Glück bald wieder verzieht. Die Temperaturen sind merklich kühler, und obwohl der Wetterbericht Sonne angekündigt hatte, bleibt es bewölkt – es sieht sogar nach Regen aus.
Wieder unten auf der frisch asphaltierten Straße folge ich dieser ins Tal, zurück zum Fluss Osum, an dem schon meine gestrige Etappe endete. Die asphaltierte Strecke entpuppt sich als regelrechte Panoramastraße, die sich kilometerweit entlang der Bergkette schlängelt. Zum Glück muss ich nicht allzu konzentriert fahren und kann die Ausblicke genießen.
Schließlich führt die Straße steil hinunter bis zum Fluss, dem ich bis nach Berat folge. Diese historische Stadt gehört zu den beliebtesten Touristenorten Albaniens und wird auch die „Stadt der tausend Fenster“ genannt. Ich beschließe, hier einen Tag Pause einzulegen – und vielleicht finde ich ja die Zeit, alle 1000 Fenster zu zählen.
Den Morgen verbringe ich auf dem Balkon meiner Unterkunft und schreibe diesen Blog. Anschliessend geht es hinunter ins Dorf, wo ich die Altstadt erkunde. Allerdings ist es bei über 30 Grad zu heiß, um lange durch die Gassen zu schlendern.
Nach einem kurzen Spaziergang mache ich noch einen Stopp im Supermarkt, bevor ich mich auf den steilen Weg zurück zur Unterkunft mache. Die 10 % Steigung und die Hitze machen den Kilometer ziemlich anstrengend, vor allem weil der Taxifahrer für diese kurze Strecke 8 € verlangt – viel zu teuer.
Am Nachmittag entspanne ich mich, bevor ich später durch die Festung von Berat streife und die atemberaubende Aussicht auf die Stadt und die dahinter liegenden Berge genieße, inklusive dem Berges Tomorr, wo ich gestern war. Abends gibt es einen kleinen Happen zu essen, während ich den Tag ausklingen lasse.
Route und Downloads
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Die GPX Datei enthält den Track und diverse Wegpunkte von Pässen, Aussichtspunkten,Sehenswürdigkeiten, Strasseninfos, , Grenzen und mehr. Alle Daten ohne Gewähr.
Autor und Inhaber der Marke Motoglobe