Auf Tierexpedition im Südpantanal
29.06.2023 routen >> patagonien – alaska
Wir buchen für die nächsten drei Nächte ein Zimmer in einem zentrumsnahen Hostal und besorgen uns als Erstes Bargeld. Das funktioniert bereits bei der ersten Bank um die Ecke und erst noch spesenfrei. Beim Kauf einer SIM-Karte laufen wir jedoch gegen hartnäckigen Widerstand. Ich habe im Vorfeld darüber gelesen, dass in Brasilien für den Kauf einer SIM-Karte eine sogenannte CPF-Nummer erforderlich ist, was vereinfacht gesagt die persönliche Steuernummer darstellt. Weil wir Touristen nicht über eine solche Nummer verfügen, hat der brasilianische Staat bei der Durchführung der Olympischen Spiele 2016 entschieden, dass alle ausländischen Gäste anstatt einer CPF-Nummer, ihre Passnummer für den Kauf einer SIM-Karte verwenden können. Tja, dem war vielleicht damals so, jedoch verkaufen uns jetzt in Corumbà in beiden Shops der grössten Mobiltelefonanbieter die Mitarbeitenden keine SIM-Karte ohne CPF-Nummer. Die Möglichkeit, eine Steuernummer einer ansässigen Person heranzuziehen, funktioniert bei uns leider nicht, da wir beide niemanden kennen. Deshalb entschliessen wir uns, unsere eigene CPF-Nr. anzufordern. In dieser Hinsicht ist Brasilien nämlich liberal und alle Personen, egal ob ansässig oder nicht, können eine Steuernummer beantragen. Natürlich haben wir keine Lust auf lange Wartezeiten und Bürokratie. Auf der anderen Seite verlieren wir nichts und können jederzeit den Vorgang abrechen, wenn es uns zu bunt wird.
Wir steuern deshalb am Folgetag die Post an, wo wir für umgerechnet € 1.00 ein Formular ausgefüllt bekommen, mit welchem wir bei der Receita Federal Behörte die Steuernummer erhalten. Zu unserem Erstaunen gibt es keine Warteschlangen in der Post und der anwesende Mitarbeiter füllt unsere Formulare innert Minuten am PC aus und händigt uns gegen den Unkostenbeitrag die beiden Formulare aus. Zudem erklärt er uns, wo wir das Receita Federal Büro finden. Freudig überrascht laufen wir die paar hundert Meter zum Bürohaus rüber und erklären der Empfangsdame, dass wir eine CPF-Nummer beantragen möchten. Sie erklärt uns freundlich, dass dies lediglich morgens zwischen 08.00 – 10.00 Uhr möglich ist und wir deshalb morgen wieder kommen sollen, da es jetzt bereits 10.30 Uhr ist. Unsere Freude verblast und wir verlassen das Bürogebäude. Wäre zu schön gewesen, wenn das gleich funktioniert hätte.
Nun gut, gehen wir eben unsere nach Kalorien schreienden Bäuche füttern. Um die Mittagszeit brennen die Sonnenstrahlen bereits wieder unerträglich vom Himmel und wir verziehen uns in die kühlen Räume unseres Hostals zurück. Dort sind wir heute Morgen beim Frühstück mit einer bolivianischen Touristin ins Gespräch gekommen, die nach zwei Wochen Rio de Janeiro Urlaub auf dem Rückweg nach Santa Cruz ist. Sie hat uns angeboten, ihre brasilianische Prepaid SIM-Karte abzugeben, die sie über einen Freund bezogen hat. Ihr Angebot nehmen wir gerne an und als sie jetzt ihren Koffer abholt für den Nachtbus nach Bolivien, händigt sie mir die SIM aus. Selbstverständlich bezahle ihr ein kleines Entgelt dafür, hat die SIM-Karte doch noch fast 2 GB Datenguthaben drauf, welches für mehr als zwei Wochen gültig ist. Den restlichen Nachmittag und Abend recherchiere ich herum, ob und wie wir im südlichen Pantanal eine Lodge mit Tierbeobachtungstouren buchen können. Nach ein paar Nachfragen über WhatsApp, auf die ich schnell Antworten erhalte, entschliessen wir uns für einen viertägigen Aufenthalt in einer Lodge am Rio Miranda. Natürlich hoffen wir, dass uns auf einem der Ausflüge ein Jaguar über den Weg läuft oder eine Anakonda in der Sonne liegt und ihr kaltes Blut aufwärmt.
Nach dem Frühstück laufen wir erneut zur Receita Federal und versuchen erneut unser Glück. Und da es neun Uhr ist, werden wir am Empfang dieses Mal durchgelassen und setzen uns an die beiden freien Schalter. Mit Spanisch, Englisch und einigen Brocken Portugiesisch erklären wir den Angestellten, dass wir eine CPF Nr. beantragen wollen. Sie nicken und verlangen unsere Pässe und das Formular der Post. Dann heisst es für uns warten, warten, warten, dazwischen ein anderes Formular ausfüllen, und erneut warten, warten, warten. Eine knappe Stunde später bekommen wir unsere Papiere mit dem Hinweis zurück, dass wir unsere Steuernummer Morgen zwischen 08.00 – 10.00 Uhr abholen können. Leicht frustriert schlendern wir auf die Strasse hinaus. Aufgeben wollen wir jedoch noch nicht und entscheiden, dass wir Morgen auf unserer Fahrt zur Lodge nochmals kurz vorbeikommen. Entweder kriegen wir dann die Nummern oder wir Lassens. Den Rest des Tages verbringe ich mit waschen und Blogschreiben und abends verspeisen wir einen leckeren Fisch.
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Zu unserer Lodge wählen wir die 120km lange Schotterpiste mitten durch das Pantanal. Da wir nicht wissen, wie anspruchsvoll die Piste ist, starten wir früh. Als Erstes steuern wir eine Tankstelle an, weil mein Tank nur noch wenige Tropfen drin hat. Eigentlich bin ich davon ausgegangen, dass wir in Brasilien wieder qualitativ gutes Benzin erhalten und ich nicht jeden Deziliter filtern muss. Es stellt sich leider heraus, dass in Brasilien schon seit den 70iger Jahren alle Benzinarten mit mindestens 25 % Ethanol (Alkohol) angereichert sein müssen. Es gibt sogar 100 % Ethanol Treibstoff. Die meisten lokalen Fahrzeuge verfügen über einen speziell ausgerüsteten Motor, der mit der gesamten Bandbreite von Alkoholanteil schadlos funktioniert. Unsere Motoren sind dafür weniger geeignet und die Hersteller erlauben offiziell lediglich 10 % Ethanol. Jedoch sind wir nicht die Ersten, die mit konventionellen Motoren in Brasilien herumreisen. Wären die 25 % Alkohol ein gravierendes Problem, hätte ich sicher im Vorfeld darüber gelesen. Verbrennungstechnisch sollte es eigentlich keinen Unterschied machen, jedoch kann der viele Alkohol die Dichtungen und anderes Material mit der Zeit angreifen.
Ich fahre an eine der Zapfsäulen und stelle die Honda auf den Seitenständer. Der Boden ist schräg und abschüssig, weshalb die Enduro ziemlich aufrecht dasteht. Der Tankwart steckt den Stutzen in den Tank und lässt das flüssige Futter reinlaufen. Dann geschieht das Missgeschick des Tages und die Honda kippt seitlich weg. Ich sehe es zwar kommen, kann die Maschine jedoch von hinten nicht daran hindern umzufallen. Eigentlich harmlos, fällt die Enduro lediglich auf den Lenker und auf mein seitliche Softgepäck. Jedoch zieht der Tankwart den Benzinstutzen nicht hinaus, wodurch der Metallstutzen von Innen auf die Metallkonstruktion drückt, die den Tankdeckel einschnappen lässt. Und so kommt es, dass ich den Tankdeckel nach dem Wiederaufstellen der Maschine nicht mehr in den Tank reinstecken kann. Schöner Mist. Ich schiebe die Honda in den Schatten des Tankstellendaches und ziehe Helm und Motorradjacke aus und schaue mir die Sache in Ruhe an. Ein Teil des Metallringes im Innern blockiert die Tankdeckelöffnung. Ich hole deshalb mein Werkzeug hervor und frage bei den Angestellten nach einem Hammer. Den gibt es nicht, jedoch bekomme ich ein Eisenrohr, was den Dienst ebenfalls tut. Nach ein paar Schlägen auf das blockierende Metallteil lässt sich der Tankdeckel wieder montieren, jedoch schnappt die automatische Arretierung des Deckels nicht ein. Mit der Wasserpumpenzange versuche ich so gut wie möglich den inneren Metallring wieder so hinzubiegen, dass die Arretierung des Deckels herausschnappt, wenn ich den Deckel auf den Tank drücke. Nach einigen Versuchen kriege ich es so hin, dass die Arretierung herausspringt und auf der linken Seite fest verankert ist. Rechts jedoch fast die Arretierung nicht richtig und der Deckel schliesst auf dieser Seite nicht 100 %. Wenigsten kann ich so weiterfahren, was ich auch mache. Am Abend habe ich genügend Zeit, mir die Sache nochmals genau anzuschauen.
Wir kurven los und legen den geplanten Stopp bei der Receita Federal für die CPF-Nummer ein. Unser Optimismus wird belohnt und wir bekommen unsere offiziellen CPF-Nummern innert einer Minute am Schalter. Wau, wir haben es geschafft. Lachend ziehen wir unsere Helme über und lassen uns von den Navigationsgeräten aus der Stadt lotsen. Bereits einige Kilometer später biegt unsere Schotterpiste nach links ab. Die rote Dschungelerde leuchtet uns entgegen. Verstärkt wird dies durch das Wasser, welches auf der Piste dahindünstet. Wegen der heftigen Staubentwicklung werden oft die Pisten mittels grosser Wassertanklastwagen bespritzt. Das hilft zwar gegen den Staub, macht die Pisten jedoch rutschig wie auf Eis. Ich gehe sofort vom Gas, als ich merke, wie die Honda ins Rutschen kommt und fahre wie auf rohen Eiern über die nächste paar hundert nassen Metern. An einer trockenen Stelle halte ich an schaue in den Rückspiegel und kann Christian nicht sehen. Auch im anderen Rückspiegel taucht er nicht auf. Ich drehe deshalb um und rutsche über die Piste zurück. Dabei kann ich erkennen, dass seine Maschine mitten auf der Piste liegt.
Etwas früher als ich stoppt ein kleiner Lastwagen von der anderen Seite kommend bei Christian an und zwei Männer steigen aus. Auch sie merken sofort, dass die Piste rutschig ist und laufen behutsam zu Christian und dem Motorrad. Noch bevor ich anhalte, steht die Yamaha bereits wieder. Ich frage Christian, ob er ok ist und als er dies bejaht, rollen wir behutsam weiter. Die nächsten 20 km werden wir von der nassen Piste vereinnahmt und können weder links noch rechts sehen. Dann biegt die Rutschpiste nach links ab und unsere Route verläuft geradeaus hinauf auf einen Hügel. Dabei wird der Untergrund ruppiger, was gegenüber dem Rutschfestival von vorher aber immer noch angenehmer ist. Oben auf dem Hügel legen wir einen Pausenstopp ein und bestaunen die weit vor uns liegende Dschungellandschaft. Wir holpern hinunter, vorbei an kleinen Farmen und Viehherden, und erreichen die erste Holzbrücke, von denen wir auf den nächsten 100 km etliche überqueren werden. Wir halten mitten auf der Brücke an und halten Ausschau nach den ersten Tieren, von denen sich uns leide keine zeigen. Kurz darauf kommt uns zu unserer Überraschung ein Sattelschlepper entgegen. Er überquert langsam die vor uns stehende Holzbrücke. Ob er die 15 Tonnen Maximalgewicht einhält, welches die Tafel vor der Brücke angibt? Leider kreuzen uns die nächsten Kilometer noch etliche dieser Lastwagen und wir fragen uns, was die in dieser abgelegenen Region vorhaben. Eines ist dabei sicher, sie verscheuchen die Tiere von der Schotterpiste, was natürlich nicht in unserem Sinne ist.
Bei der kleinen Siedlung Porto da Manga erreichen wir den Rio Paraguay, den wir mittels Fähre überqueren können. Als wir ankommen, ist gerade Mittagszeit und die Fähre liegt verlassen vor uns am Erd-Pier. Beim kleinen Shop nebenan bestellen wir einen Kaffee und setzen uns mit dem Besitzer auf die Veranda und lassen die Ruhe auf uns wirken.
A vida tranquila do campo.
Aus der Ferne unterbricht plötzlich ein Lastwagenmotor die Stille und bald darauf rollt ein riesiger, beladener Viehtransporter an der Veranda vorbei und hält bei unseren Motorrädern an. Will der auch mit der Fähre über den Fluss? Ja, will er. Pünktlich um 12.30 Uhr erscheint die Fährmannschaft aus dem gegenüberliegenden Haus und zeigt uns mittels Handzeichen, wo wir unsere Motorräder auf der Fähre hinstellen können. Danach rollt das Ungetüm von Lastwagen rückwärts auf die Fähre und drückt sie soweit runter, dass im hinteren Teil nur noch wenige Zentimeter Raum zwischen Wasser und Ladefläche bestehen. Zum Glück hat es keine Wellen auf dem Fluss. Der Fährmotor brummt laut los und langsam schippern wir über den Rio Paraguay und gelangen trocken auf die andere Seite. Beim Rausfahren stirbt dem Lastwagenfahrer der Motor ab, weshalb der Lkw einige Zentimeter weiter nach hinten rollt und die Ladefläche der Fähre bis zum Wasserpegel hinunter drückt. Beim nächsten Versuch funktioniert es und er rollt rumpelnd von der Fähre. Froh heil von der Fähre runterzukommen, folgen wir ihm. Auf den nächsten Kilometern überqueren wir weitere Holzbrücken und kreuzen mit etlichen Lkws. Ausser ein paar aufgeschreckte Vögel sehen wir dadurch weiterhin nicht viel von den Pantanal-Tieren. Dann endlich biegt unsere Piste nach rechts weg, wird schmaler und führt uns schnurgerade über unzählige Kilometer bis zu unserer Lodge am Rio Miranda. Auf dieser Strecke sehen wir endlich die ersten Kaimane unweit der Piste friedlich in der Sonne liegen.
Da wir einen Tag früher anreisen als unser Package mit den Touren beginnt und die Lodge heute wegen einer grossen Gruppe ausgebucht ist, beziehen wir ein Zimmer in der Nachbars-Lodge. Nach einer Tasse Kaffee spazieren wir zur grossen Brücke über den Rio Miranda und erleben einen farbenfrohen Sonnenuntergang. Kaum ist die Sonne weg, schwirren tausende von Mücken daher und trachten uns nach unserem Blut. Wir fliehen deshalb so schnell wie möglich zurück in unsere Unterkunft, wo wir bald darauf ohne diese Plagegeister einschlafen.
Nach dem Frühstück schaue ich mir die Problematik mit dem Tankdeckel nochmals genauer an. Jedoch bringe ich keine bessere Lösung zustande. So weit so gut. Fahren kann ich so und Benzin läuft keines aus, auch wenn der Tank ganz voll ist. Nach dem Mittagessen wechseln wir in unsere Touranbieter-Logde und beziehen ein geräumiges Zimmer. Zu den Räumen verläuft ein langer Holzsteg, vom welchem wir über den Fluss sehen. Weil wir anfangs der Trockenzeit sind, steht die Lodge noch halbwegs im seichten Wasser, in dem Vögel auf Fischjagt sind Kaimane herumliegen. Langsam kommt Dschungelfeeling auf. Nach dem Auspacken treffen wir unseren Guide, der uns das Programm und Touren von heute und morgen erklärt. Eine Stunde später stehen wir am Fluss und fischen mit einer einfachen Bambus Angel nach Piranhas. Dabei werden wir von wachsamen Kaiman- und Falkenaugen beobachtet und ein halbzahmes Capybara schwirrt um uns herum. Die grosse Gruppe hat die Lodge bereits verlassen und ausser uns sind lediglich noch sechs weitere Personen anwesend. Ein Paar aus Neuseeland fischt mit uns und die Frau zieht bald einen Katfisch aus dem Wasser. Der Guide nimmt ihn vom Angelhaken und fragt sie, ob sie den Fisch zurück ins Wasser werfen möchte oder dem Kaiman unweit von uns verfüttern will. Sie entscheidet sich für die Kaiman Fütterung. Der spielt jedoch nicht mit uns lässt den Katfisch regungslos vor seiner Schnauze liegen.
Daraufhin Wasser, wo dieser sogleich im trüben Wasser abtaucht. Bald darauf zieht es stark an meiner Angel und ich gebe Gegenzug und hole mit Schwung einen grösseren Barsch aus dem Wasser. Ich versuche die Leine kürzer zu nehmen, damit der Fisch vom Boden wegkommt. Dabei bemerke nicht, wie der Kaiman und ein Raubvogel in Schnellzugstempo auf den Fisch zu rennen. Erst als mein Guide ruft und winkt, sehen ich die Beiden und drehe mich von ihnen ab und laufe ein paar Meter weg. Wir nehmen den Fisch von der Angel und werfen ihn dem Kaiman zu. Dieses Mal verschlingt dieser den Fisch ratzfatz und lässt dem wartenden Raubvogel keine einzige Schuppe übrig. Ein paar Minuten später fischt die Neuseeländerin ebenfalls einen Barsch und verfüttert ihn dem Kaiman. Der schnappt erneut freudig zu und schluckt den Fisch als Ganzes runter. Fischen ist anstrengend und wir benötigen eine längere Verschnaufpause in einer der Holzliegen. Beim Eindunkeln besteigen wir unter Belagerung der auftauchenden Mücken ein Boot und kurven dem Sonnenuntergang entgegen. Der Guide hat eine starke Taschenlampe dabei und sucht das Ufer nach leuchtenden Augen ab. Wir kriegen zwar einige Leuchtkugeln zu sehen, jedoch nicht die Tiere, zu denen diese gehören. Anschliessend lassen wir es uns mit den wenigen anderen Gästen beim Nachtessen schmecken und geniessen die mit Tierlauten untermauerten Dschungelatmosphäre.befördert der Guide mit der Angel den Fisch zurück ins
Am nächsten Tag tuckern wir mit dem Boot einen halben Tag dem Rio Miranda entlang und sehen unter anderem zwei Riesenotter. Schnuckelige Tiere, die es faustdick hinter den Ohren haben. Gemäss unserem Guide muss sich sogar der Jaguar von ihnen in Acht nehmen, wenn er durch den Fluss schwimmt. Mit seinen geübten Augen erblickt unser Bootsführer zudem einen grossen Kaiman, der schon fast die Grösse eines Krokodiles hat. Und wir bekommen den grössten Vogel im Pantanal zu Gesicht, den Tuiuiu. Der wird bis zu 1.60 Meter gross und hat ein Flügelspannweite von drei Metern. Ein Flugmonster. Er / sie frisst anscheinend am liebsten Kaimanbabys und räumt dabei ganze Nester leer. Zu meiner Verwunderung sind Kaimane für etliche Raubtiere im Pantanal das bevorzugte Menü. Jaguare fressen sie, die grossen Otter machen jagt auf sie und die Anakondas schlingen sie runter. Den Pferdeausritt am Nachmittag lassen wir wegen der Hitze aus und relaxen lieber im Schatten der Lodge. Tags darauf holpern wir in einem Jeep die Schotterpiste entlang, auf welcher wir mit den Motorrädern zur Lodge gefahren sind. Der Fahrer hält Ausschau nach Anakondas, die sich in der morgendlichen Sonne aufwärmen oder Jaguare, die auf der Jagd sind. Beides erblicken unsere Augen nicht. Dafür einen Tukan, der in angemessener Distanz auf einem Ast seinen farbigen Schnabel präsentiert.
Irgendwann biegt der Fahrer in eine kleine Seitenstrasse ab und wir gehen zu Fuss weiter. Wir durchstreifen einen Palmenwald, wo uns der Guide ein paar kuriose Dinge zeigt. Da wäre der Anakonda Baum, der sich um die Palmen schlängelt, wie eine Anakonda und diese langsam aussaugt oder auffrisst, bis die Palme abstirbt. Danach suchen seine Äste das nächste Opfer. Oder die schwarzen Raupen, die überall herumkriechen und bei einem der Bäume den Stamm eingepuppt haben. Jaguarspuren erblicken wir ebenfalls und Knochen von verstorbenen Tieren. Auf der anschliessenden Rückfahrt läuft für kurze Zeit ein kleiner Fuchs vor uns auf der Piste und verdrückt sich bald darauf wieder im Gestrüpp. Für Jaguar oder Anakondas Sichtungen ist das Wasser einfach noch zu hoch, was mir einer der Guides auch gestern gesagt hat. Im August und September stehen die Chance viel höher, die beiden Giganten des Pantanals zu sehen. Den Rest des Tages verplempern wir in der Lodge und gehen früh schlafen, da es morgen weitergeht. Irgendwann werde ich in der Nacht durch Geräusche wach. Einerseits höre ich Raubkatzengebrüll, was nur Jaguare sein können und andererseits raschelt und kratzt es in einer der Holzwände unseres Zimmers, was vermutlich Mäuse sind. Nachts geht im Dschungel die Post ab.
Wir bepacken unsere Motorräder und schlürfen danach einen letzten Kaffee auf der Lodge Terrasse. Danach brummen unsere Motoren auf und wir schottern ein letztes Stück auf der Pantanal Piste bis zur geteerten Hauptverkehrsachse zwischen Corumba und Campo Grande. Einige Kilometer später halten wir bei einer Brücke, wo auf der Reise-App iOverlander erwähnt ist, dass man viele Kaimane sehen kann. Dem ist so, jedoch taucht gleich eine Frau auf, die von uns Geld verlangt, um Fotos zu machen. Anscheinend füttert sie die Echsen, damit diese so zahlreich hier rumliegen und will dafür nun Geld. Wir schütteln den Kopf und brausen weiter. Unser Ziel ist die Ortschaft Bonito, die weiter südlich liegt. Bei der brasilianischen Bevölkerung gilt die Stadt mit ihrer umliegenden Landschaft aus Flüssen, Wasserfällen und Höhlen als ein Highlight, weshalb während der Saison von November bis April hier Hochbetrieb herrscht. Jetzt stellen wir leider fest, dass etliche Unterkunftsmöglichkeiten geschlossen sind, weshalb wir unser ursprünglich angepeiltes Ziel nicht besuchen können.
Wir quartieren uns deshalb in der Stadt ein, was weniger schön ist. Zudem finden wir heraus, dass wir keine der landschaftlichen Sehenswürdigkeiten auf eigene Faust besuchen können, sondern nur mittels einer gebuchten Tour. Möglich ist dieses Regime, weil sämtliches Land in Privatbesitz ist und somit alle kräftig am Tourismus mitverdienen. Auf eine weitere Tour haben wir im Moment jedoch keine Lust. Trotzdem quartieren wir uns für ein paar Tage in einem Airbnb ein und bringen stattdessen unsere Ausrüstung wieder einmal auf Trab. Danach heisst es von Christian Abschied nehmen. Er fährt ab jetzt in Richtung Norden mit Ziel französisch Guyana, während meine Route nach Paraguay führt mit Ziel Asuncion. Dort fliege ich am 18. Juli für vier Wochen nach Kolumbien und bereise das Land mit meiner Partnerin. Während dessen wartet die Honda an einem sicheren Ort in Asuncion auf mich. In Brasilien ist es leider nicht erlaubt als Tourist das Land ohne sein temporär eingeführtes Fahrzeug zu verlassen.
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